»Ein einfaches PDF zum Ausdrucken und Ausfüllen ist keine digitale Bildung.« Wir haben mit dem Schulleiter der Kurfürst-Moritz-Schule, Heiko Vogel, über digitales Lehren und Lernen und die dabei ganz entscheidende Rolle der Schulleitung gesprochen.
Ein Jahr Corona liegt hinter uns. Wie sind Ihre Erfahrungen aus dieser Zeit? Was hat sich beim Lehren und Lernen verändert? Wie funktioniert der digitale Unterricht an Ihrer Schule?
Vom ersten Tag an in Orientierung an den Zeiten des Stundenplans, später wurde dann der Unterricht in Echtzeit dank Videokonferenz die Regel. Kompetenzen und Austausch zu digitalem Lernen sind unheimlich gewachsen, ein wahrer Schatz von erprobten Inhalten entstanden, auf dem man aufbauen kann. Neue Fragen stellen sich und werden sehr lebendig diskutiert. Wie können wir die Stärken digitalen Unterrichtens weiter effektiv nutzen und wie stärken wir das gemeinsame entdeckende Erleben in der Schule, um Schule weiterhin attraktiv zu gestalten?
Ganz praktisch ist es bei uns derzeit so: Der Stundenplan im Schulmanager zeigt das Fach, im Online-Fachbereich findet sich eine kurze Einführung in die Stunde, meist mit einem Link zur Videokonferenz, ein Klick und los. Begrüßung, Erläuterung des Lernziels und der Aufgaben, Anwesenheit, dann Lernbegleitung. Aufgaben, Videos, Übungen sind verlinkt, wenn es Fragen gibt, können diese gleich beantwortet werden. Auch hybrid, bei täglich wechselnden Gruppen, ist das bei uns so. Die Schülerinnen und Schüler daheim sind oft live im Unterricht dabei, auch wenn dies besonders herausfordernd ist.
Uns ist es wichtig, dass Schule in Echtzeit stattfindet, die Kinder also einen geregelten Start, aber auch einen geregelten Schulschluss haben. Eltern sollen gern am Abend fragen, was ihre Kinder heute gelernt haben. Aber sie sollen keine zweite Schicht einlegen müssen, um durch die Leitung geschobene Arbeitsblätter zu erläutern.
Welche Werkzeuge werden an Ihrer Schule für den digitalen Unterricht genutzt?
Kern ist Moodle auf dem Sächsischen Bildungsserver. Hier lässt sich Lernen gut organisieren, integriert gibt es sehr viele Möglichkeiten, Aktivitäten anzulegen. Genügt das nicht, können populäre Online-Tools wie LearningApps, Learning Snacks, Onkoo und Co. einfach eingebunden werden und sind dann integriert nutzbar.
Das Ganze gehört aber in einen Rahmen: Dazu gehören bei uns digitale Tafeln, ein sehr stabiles Schüler-WLAN, Webcams an den Computern, der Schulmanager für Organisation und Kommunikation. Ich würde es als Verlässlichkeit der Infrastruktur bezeichnen.
Viele Schulen nutzen inzwischen LernSax. Warum kommt es an Ihrer Schule nicht zum Einsatz?
2006 sind wir mit Moodle gestartet. Es war gerade auf dem Sächsischen Bildungsserver eingerichtet worden. LernSax gab es damals nicht. Alle an unserer Schule haben seither Zugang, Inhalte und Erfahrungen wuchsen. Die E-Learning-Plattform gehört fest zu unserer Schulkultur und war auch vor Corona Bestandteil unseres Unterrichtes.
Ein Umstieg ist aus zwei Gründen schwer vorstellbar. Einerseits wäre es ein enormer Aufwand, die gewachsenen Inhalte zu transferieren, andererseits bietet Moodle auch zahlreiche liebgewonnene Funktionen, die wir in LernSax vermissen würden.
Welche Vorteile bietet Moodle Ihrer Meinung nach?
Die Einbettung externer Inhalte als iFrame, Lernende verlassen so die Lernumgebung zu deren Nutzung nicht, dann die übersichtliche Struktur, die nutzerfreundliche BigBlueButton-Einbindung, die riesigen Möglichkeiten, die das H5P-PlugIn bietet, die Möglichkeit, dass Übungen automatisch bepunktet bzw. bewertet werden und natürlich, dass Moodle weltweit genutzt wird, so findet sich auf jede Frage irgendwo schon eine Antwort.
Sie sind also schon seit einigen Jahren digital unterwegs. Wie kommt das? Sind Sie als Schulleiter besonders engagiert?
Das hoffe ich doch, aber am Ende ist es das starke Team in der Schule, das die Ideen mitträgt. Etwas Mut gehört auch dazu, wenn man Neuland betritt und nicht an jeder Ecke fragen kann. So war es zum Beispiel bei der Einführung des Schulmanagers, einer Anwendung, in der wir von Notenbuch über Klassenbuch, Anwesenheit, Krankmeldungen, Elternbriefe bis zum Schulkonto viele Verwaltungsaufgaben erledigen. Die Einführung hat nur wenige Wochen gedauert, der Nutzen überzeugt und inzwischen ist es völlig selbstverständlich.
Wichtig ist aber auch die Zusammenarbeit mit Eltern, Schülern und Gemeinde. Zwei Beispiele hierzu: Die Corona-Tablets aus Bundesmitteln gab es bei uns bereits im Oktober. Der Förderantrag bei der SAB, der Sächsischen AufbauBank, war am ersten Tag gestellt, zwei Tage später bewilligt, kurz danach vom Gemeinderat das Angebot bestätigt. Das ging Hand in Hand.
Unser WLAN ist deshalb so modern und stabil, weil Eltern einen Spendenlauf organisierten, uns bei der Technik halfen und ihre Kinder das Geld erliefen.
Immer wieder kommt Kritik, die sächsischen Schulen wären unzureichend auf den digitalen Unterricht vorbereitet und könnten digitales Lehren und Lernen nur mangelhaft umsetzen. Teilen Sie diese Einschätzung?
Das ist wohl auch oft so, die Kritik nicht unberechtigt. Eltern zeigen verzweifelt auf Schulen, die Schulen auf die Schulträger, diese auf das Land, das Land auf den Bund, so als ob digitales Lernen »irgendwie von oben« kommt. Sicher ist Hilfe wichtig, aber die gab und gibt es. Förderprogramme und Fortbildungen zur Digitalisierung gibt es schon über 20 Jahre, der Sächsische Bildungsserver stellt schon seit den 90igern Ressourcen bereit und doch gibt es immer noch Lehrende, die ein einfaches PDF zum Ausdrucken und Ausfüllen für digitale Bildung halten. Wie kann das sein?
Letztlich kommt es wohl auf die gemeinsame Haltung zu Entwicklungsprozessen an und da sind alle Ebenen gefragt. Das Trainieren von handschriftlicher Texterstellung für die Deutschprüfung, die Nutzung von Papier-Wörterbüchern in der Englisch-Prüfung, das bremst Entwicklung. Digitalisierung ist kein Add-On, es ist ein anderer Weg. Auch die Verwaltung muss hier mitgehen, lebt sie »PDF-durch-Leitung« und Präsenzkonferenzen vor, dann wird dies auch in Schule so sein.
Schule kann sich enorm schnell verändern, wenn es eine aktiv-positive Haltung zu Entwicklungsprozessen gibt. Schließlich arbeiten hier viele verschiedene Fachkräfte an einer gemeinsamen Sache und haben darüber hinaus Zugang zu unzähligen unterstützenden Händen. »Wenn nicht jetzt, wann dann«, heißt es so schön. Aber zurück zu Ihrer Frage. Für mich ist Kritik an Schulen dann berechtigt, wenn auch jetzt noch der Onlineunterricht klemmt.
Welche Rolle spielt für Sie das Verständnis der Schulleitung hinsichtlich Ihrer Motivation zur Umsetzung Ihrer eigenen Konzepte zum Distanzlernen?
Dafür sorgen, dass Lernen stattfinden kann, das ist Aufgabe von Schulleitung. Lehrkräfte stehen derzeit vor enormen Aufwänden, guter Online-Unterricht ist, wie jeder gute Unterricht, aufwändig. Dies ist Anlass, besonders kritisch Arbeitsorganisation zu hinterfragen. Dienstbesprechungen sind gerade jetzt wichtig, aber natürlich online, gern auch mal ein Video vorab mit vorbereitenden Worten. Information an Eltern und Schüler, direkt und digital, kein Rennen nach Unterschriften im Klassenbuch oder Zählen von Versäumnistagen. Die Technik muss funktionieren, wenn Unterricht hybrid stattfindet, dann müssen überall Webcams sein und natürlich müssen passgenaue Austauschrunden und Fortbildungen angeboten werden.
Kinder auch in Distanz für Lernen zu begeistern, ist eine enorme Herausforderung. Natürlich freue ich mich darauf, wenn wieder ein Normalbetrieb an Schule herrscht, wenn Kinder wieder zum Lernen die Köpfe zusammenstecken, wenn gemeinsame Veranstaltungen wieder Höhepunkte sein werden und das gemeinsame »Rauskriegen« vordergründig in Schule stattfindet. Ich fühle mich aber derzeit vor allem auch motiviert, die »Digitale Schule danach« zu entwickeln.
Deutsch, Englisch, Mathe – egal, welches Fach – an Ihrer Schule läuft der Unterricht 1:1 weiter. Würden Sie uns einen Einblick in die tägliche Arbeit Ihrer Lehrerinnen und Lehrer geben. Was ist möglich? Gibt es Grenzen beim Online-Unterricht?
Der Unterricht ist sehr vielfältig und reicht von Erklär-Videos, Übungsplaybacks und interaktiven Übungen in Musik bis zur Video-Übungsstunde im Sport.
Hier ein Beispiel meiner Kollegin Luise Dienemann, Deutsch:
»Können Sie mich bitte gleich zum Präsentator hochstufen, wir haben ein Quiz zu unserem Vortrag vorbereitet und würden dieses gern über die Umfrage mit allen durchführen.«
Die Frage kommt von Janosch, Klasse fünf. Vorn an der Stirnseite des Unterrichtsraumes prangt eine Übersicht des Lernbereichs »Entdeckungen: Natur und Geschichte« am Display, der Bildschirm ist den Kindern daheim via Videokonferenz geteilt. Über der Lernlandkarte blinken vereinzelt Gesichter auf, die Schülerinnen und Schüler wollen sichergehen, dass sie während ihrer Präsentation gut sichtbar sind.
Noch wenige Tage vorher arbeitete eine Hälfte der Gruppe präsent in der Schule. Nachdem für die Lernenden daheim Gruppenräume in der Videokonferenz zur Verfügung stehen, mute ich das Headset und helfe einem kleinen Grüppchen vor Ort bei der Suche nach geeigneten Quellen auf der Kindersuchseite hellekopefchen.de. Im »Lesezelt« nebenan hat sich derweil Frida in den Online-Gruppenraum drei eingewählt und trägt einer Mitschülerin ihren bereits fertigen Präsentationspart vor. Schmunzeln muss ich als aus einem Hybrid-Grüppchen die Ansage tönt: »Warte, ich teile dir meinen Bildschirm, dann können wir den Schritt gemeinsam angehen.«
Später, da uns zum Zeitpunkt der Kurzvortragspräsentation eine erneute Schließung ereilt hat, liefern die Kinder vor der heimischen Kamera ab – unaufgeregt, gut vorbereitet und stolz auf ihre Leistung.
Die Zielebene bei der Gestaltung des E-Learning-Unterrichts hat sich mit der Möglichkeit der Videokonferenz verändert. Während im letzten Schuljahr noch die geeignete Auswahl von Tools im Mittelpunkt stand, beschäftige ich mich nun vielmehr damit, wie ich den digitalen Deutschunterricht für Kinder mit passenden Feedback- und Kooperationsmöglichkeiten planen kann. Dass dafür E-Books im Moodle mit selbst erstellten Lernvideos und interaktiven Übungen angelegt sind, ist mittlerweile Routine, auch im Präsenzunterricht.
Judith Schreiber, Englisch:
Die Gruppenräume in BigBlueButton sind für den Englisch-Unterricht eine tolle Sache: Die Schülerinnen und Schüler freuen sich über den Austausch in kleinen Gruppen und können hier intensiver miteinander arbeiten. Als Lehrerin kann ich in den Hintergrund treten und trotzdem – wie im Präsenzunterricht – den Kindern »über die Schulter schauen« und Tipps geben.
Außerdem nutze ich häufig interaktive Übungen, die ich mit H5P erstelle. Sie sind vielseitig einsetzbar und ermöglichen ein direktes und ggf. auch individualisiertes Feedback sowie eine übersichtliche Auswertung für mich.
Juliane Jentsch, Mathematik:
Mich hat zuerst erstaunt und dann begeistert, wie der »Zwang« zum Digitalen den Unterricht bereichern kann. Ein Beispiel:
In der Phase des Wechselunterrichts bediene ich während der Unterrichtszeit nicht zwei einzelne Gruppen, die maßgeschneidert zu unterrichten sind. Es gibt nicht die Lerngruppe in der Schule und die Lerngruppe zuhause. Es gibt die Lernenden, die eine intensivere Anleitung benötigen und die, die sofort selbständig arbeiten möchten. Diese können auf vielfältige Weise mit den E-Books von Moodle, den Lernpaketen, Moodle-Tests oder die mit H5P erstellten Übungen in Ruhe für sich arbeiten, sie erhalten sofort eine Rückmeldung und sind aufgrund der abwechslungsreichen Aufgaben motiviert beim Lernen – egal, ob zu Hause oder am Tablet in der Schule. Treten Fragen auf, heißt es einfach: Das Meldesymbol anklicken oder Mikro an und um Hilfe bitten.
Zeitgleich lernen diejenigen, die mehr Anleitung und gemeinsames Üben benötigen, mit mir an den von mir erstellten Übungen und Tools über BigBlueButton oder im Klassenraum. Bald kann selbständig an den Übungen weitergearbeitet werden, so dass ich nach wenig Zeit nur noch einen kleinen Teil unterstütze. Die Konzipierung des eigenen Unterrichts ebnet so den Weg zu interessanterem und ausdifferenziertem Unterricht für die Lernenden.
Weitere Informationen gibt es hier:
Auch an einer freien Schule in Chemnitz wird digitaler Unterricht nach Stundenplan durchgeführt. Wir haben uns zur Aufgabe gemacht, den Schülern digitalen Unterricht zugänglich zu machen, so dass wir seit dem 2. Lockdown digitalen Unterricht nach Stundenplan geben. Im Wechselunterricht sind die Schüler von zu Hause digital zugeschaltet. Den Schülern wird somit ein einheitliches Unterrichtskonzept zur Verfügung gestellt, bei denen sie geregelten Unterricht digital erleben dürfen. Das birgt natürlich Vor- und Nachteile, die ein solches System mit sich bringen. Im Gegensatz zum Lernsax-System sind wir jedoch in den letzten Monaten im ständigen Kontakt mit den Schülern gewesen, konnten größtenteils unseren Lehrplan einhalten und differenziertes Lehren und Lernen ermöglichen. Von seitens der Eltern ist diese Art des Lernens positiv angenommen. Auch die Schüler profitieren sehr von diesem einheitlichen Konzept des digitalen Unterrichts: Kaum versetzungsgefährdet, kaum Lerndefizite, hohe Einsatzbereitschaft. Ich würde mir sehr wünschen, wenn diese Form des Lernens endlich in der Bildungslandschaft ankommt, denn unser Modellprojekt ist ein Beispiel für das Gelingen guten digitalen Lernens, ohne den Verlust von weitreichenden Defiziten.
In der Grundschule, in die meine Kinder gehen bzw. gegangen sind, wird Sportunterricht noch immer in einem „Gymnastikraum“ von der Größe eines Klassenzimmers durchgeführt, der Sportplatz verdient diesen Namen nicht. Der Antrag für den Bau einer Turnhalle ist fast hundert Jahre alt und liegt im Archiv des Landratsamtes.
Unter solchen Bedingungen wundert man sich nicht mehr darüber, dass die Schule nicht für digitales Lernen ausgestattet ist. Aber das wäre auch sinnlos, wenn man bedenkt, dass zahlreichen Schülern kein ausreichender Internetzugang geschweige denn Technik zur Verfügung steht.
Die engagierten Lehrer machen vieles wett, doch das Problem ist strukturell. Das in diesem Artikel beschriebene Beispiel ist leider wirklich nur ein Einzelbeispiel, das mitnichten die aktuelle Situation widerspiegelt. Es sind nun aber auch schon mehr als 12 Monate seit dem augenöffnenden Eintreten der Pandemiebedingungen vergangen, aber von einem konkreten Plan für Maßnahmen zur Verbesserung der Situation ist mir abgesehen von Absichtsbekundungen noch nichts zu Ohren gekommen.
Naja, vielleicht wird in unserer Grundschule ja dann, wenn eventuell die Turnhalle zum hundertjährigen Jubiläum des Erstantrags eröffnet wird, auch begonnen, über eine Modernisierung der Ausstattung gemäß aktueller Anforderungen nachzudenken. Hoffentlich wird das dann nicht auch 100 Jahre dauern …
Es ist nicht angemessen hier Erwartungen zu schüren, die sich außerhalb der Dresdener Speckgürtelblase nicht erfüllen lassen! Ich sitze in meinen Videokonferenzen oft mit weniger als der Hälfte der Schüler zusammen, weil sie keinen adäquaten Internetanschluss haben. Leihgeräte werden erst diese Woche ausgereicht! Aber was hilft es jetzt noch und dann immer noch ohne Internet?
Aber klar, wenn die Schulleitung nur die Kollegen ordentlich motiviert, dann geht sowas überall.
Lieber Stephan,
vielen Dank für Ihre Gedanken. Dazu möchte ich Sie ebenfalls gern auf meine Antwort an Dresdner Schulleiterin hinweisen: http://www.bildung.sachsen.de/blog/index.php/2021/05/17/digitaler-unterricht-funktioniert-in-sachsen-nicht-oder-doch/#comment-14112.
Herzliche Grüße
Lynn Winkler
Wunderbar, dass es dieses Einzelbeispiel gibt. Leider ist das nicht die Regel – nach all den Diskussionen, Forenbeiträge und Petitionen sollte endlich in DD bei Ihnen angekommen sein: setzen Sie alles daran, dass das alle Schüler in Sachsen erleben dürfen. Bildung darf doch kein Zufall sein!
Ich kann mich nur den Kommentaren anschließen. Kaum Aufgaben in Lernsax und wenn dann muss sich alles selbst erarbeitet werden. Mehr wie Arbeitsblätter ist nicht drin. Zwei Videokonferenzen im ganzem Zeitraum. Und das in einem Gymnasium in Leipzig. Kaum sind die Lernenden wieder Präsenz eine Arbeit nach der anderen, mit Themen die sie sich zu Hause selber aneignen mussten. Viele Eltern haben sich beschwert, die einzige Reaktion der Direktorin war „wir sitzen alle in einem Boot und Eltern sollen Verständnis haben“. Leider nimmt das Kultusministerium die Probleme nicht ernst.
Sehr geehrter Herr Vogel,
voller Respekt möchte ich Ihnen zum Entwicklungsstand des digitalen Unterrichts an Ihrer Schule gratulieren. Zu Recht können Sie und Ihre Lehrkräfte stolz sein. Wie toll und nicht zuletzt gerecht gegenüber allen Schüler*innen wäre es, wenn alle Schulen unabhängig von der Schulart, vom Schulträger und weiterem diesen Stand erreichen könnten.
Ich finde es allerdings enttäuschend, dass Sie als Schulleiter gemeinsam mit Frau Winker der Öffentlichkeit den Eindruck vermitteln, dass digitales Lehren und Lernen entscheidend vom Engagement der Schulleitung und von der Lernbereitschaft der Lehrkräfte abhängen würde. Das sind gewiss wichtige Aspekte, aber setzen Sie eine Informatiklehrkraft vor eine Schiefertafel und Sie werden sehen, dass ihr damit kein digitales Lehren möglich sein wird.
Ich befürchte sogar, dass Sie mit Ihrem Artikel noch mehr Missstimmungen und Enttäuschungen zwischen Eltern und Lehrerkollegien auslösen, wenn Eltern Sie so verstehen, dass das jeweilige Niveau des digitalen Unterrichts nur eine Frage von gutem Willen und Engagement sein könnte und daraus Forderungen und Erwartungen an die Schulen richten, die jenseits der realen Möglichkeiten sind.
Klar ist es richtig und wichtig, auch gute Beispiele zu erfahren, um davon lernen zu können. Allerdings befürchte ich, dass Ihr Artikel keinerlei Verbesserung des digitalen Lernens an anderen Schulen bewirken wird, da die simpelsten technischen Voraussetzungen an den meisten der sächsischen Schulen fehlen. In Dresden zumindest liegt das nicht an den Schulleitungen oder unmotivierten Lehrkräften, sondern daran, dass trotz umfangreicher konzeptioneller Arbeiten und Antragstellungen der Lehrerkollegien bisher nur ein Hauch des Digitalpakts angekommen ist.
Die Kolleg*innen, Schüler*innen und Eltern meiner Grundschule sind übrigens in den vergangenen 14 Monaten auch viel „gerannt“, leider sehr oft gehetzt durch regelmäßig zu kurzfristig kommunizierte Corona-Maßnahmen etc. Bei uns stand und steht am Ende der „Lauferei“ leider nicht die Ersteinrichtung einer technischen GRUNDausstattung für digitales Lernen sondern „nur“ das Ziel, von unseren Schüler*innen trotz der fehlenden Mittel bestmöglich schulische Corona-Schäden abzuwenden…
Liebe Dresdner Schulleiterin,
vielen Dank für Ihre Rückmeldung zu unserem Blogbeitrag, der ein Beispiel für gelungenen Distanzunterricht darstellt. Wie Sie darlegen, ist das Engagement der einzelnen Lehrkräfte sowie der Schulleitungen eine wesentliche Säule bei der Umsetzungen der Erwartungen an die häusliche Lernzeit. Insbesondere die Rückmeldungen von Eltern zeigen uns, dass es eben nicht ausreicht, wenn einzelne Lehrkräfte als „Einzelkämpfer“ für ihre Schülerinnen und Schüler die Durchführung des Distanzunterrichts in sehr guter Qualität umsetzen, wenn andere Lehrkräfte da nicht mitziehen. Hier muss die Schulleitung in besonderer Weise ihre Steuerfunktion wahrnehmen. Nur wenn das gesamte Team von Lehrkräften einer Schule an einem Strang zieht, kann guter Distanzunterricht für alle Schülerinnen und Schüler gelingen. Darauf sollte in dem Beitrag hingewiesen werden.
Eine andere Säule ist selbstverständlich auch der Wille und das Engagement des Schulträgers. Hier weisen Sie zu Recht darauf hin, dass hier an vielen Schulen noch Nachbesserungsbedarf besteht. Diesen Prozess können allerdings ebenfalls einzelne Lehrkräfte nicht anschieben. Auch steht die Schulleitung in einer besonderen Verantwortung. Natürlich können Sie nicht ohne die Hilfe des Schulträgers die noch bestehenden Defizite in der Ausstattung beseitigen. Sie können natürlich den Schulträger – auch aufgrund dieses Beitrags – auch auf seine Verantwortung hinweisen und darstellen, dass offensichtlich andere Schulträger dieses Problem offensiver angehen. Vielleicht ist dies auch für Sie eine Hilfe in Ihren Bemühungen um eine bessere Ausstattung.
Die Rückmeldungen auf den genannten Blogbeitrag belegen auch, dass die Eltern durchaus auch die Bemühungen der Lehrkräfte würdigen und hinsichtlich des Engagements der Lehrkräfte sowie der Schulleitungen um eine entsprechende Basis für die Durchführung eines guten Distanzunterrichts differenzierend würdigen. Hier – so zeigen es viele uns bekannte Beispiele – hilft auch eine entsprechende Kommunikation zwischen Schule und Eltern um auf die bestehenden Schwierigkeiten an der einzelnen Schule aufmerksam zu machen.
Insbesondere an den Grundschulen kann Distanzunterricht nicht den direkten Kontakt von Schülerinnen und Schülern sowie deren Lehrkräften ersetzen. Er kann ihn aus unserer Sicht nur abfedern. Dies ist, so sind wir uns sicher, auch den Eltern bekannt. Wir hoffen, dass mit der nachlassenden Pandemiesituation wieder Präsenzunterricht möglich sein wird. Wie Sie sicher wissen, ist Sachsen schon immer den Weg gegangen, den Präsenzunterricht – auch aus o. g. Gründen – solange wie es ging, zu ermöglichen.
Wir danken Ihnen in jedem Fall für Ihre ehrliche Meinung und wünschen Ihnen viel Kraft und insbesondere Erfolg bei Ihren weiteren Bemühungen um eine bessere digitale Ausstattung durch Ihren Schulträger.
Herzliche Grüße
Lynn Winkler
Ich kann mich nur anschließen – viele Infos kommen zu spät. Oftmals übe Ferien oder Wochenenden, viele Lehrkräfte und Schulleitungen sind einfach am Ende und haben keine Lust mehr auf die ständig wechselnden Bedingungen, die teilweise jeglicher Logik entbehren – bei Inzidenzen von teils 600 saßen wir im Dezember in vollen Klassen OHNE Maskenpflicht, aktuell sitzen wir nur in Halbklassen bei Inzidenzen von meist nur um die 100.
Und alles nur noch an Inzidenzen zu koppeln, ist fpr die Planbarkeit eines Schuljahres absolut nicht zielführend. Das gilt auch für die pauschalen Vorgaben der Bundes“notbremse“, die ebenfalls nur an der Inzidenz klebt.
Zudem fehlt es in vielen Schulen schlicht an digitaler Ausstattung. Was bringt ein Satz Laptops für Schüler, wenn der Lehrer noch an der Kreidezeit äh -tafel steht und seinen Laptop/Präsentation nicht an einer digitalen Tafel oder mittels Beamer zeigen kann?
Eine sehr vorbildliche und gut ausgestattete Schule. Im Beitrag wird wieder einmal mehr deutlich, dass es zur Umsetzung digitaler Lernangebote vor allem eines braucht – persönliches Engagement von Lehrern und Schulleitern! Von LaSuB, SMK und Bund werden die Lehrer leider viel zu wenig unterstützt. Auch ich biete in der Grundschule Onlineunterricht für die Kinder an. Dafür nutze ich private Geräte wie Kamera, Ansteckmikro, eigener PC, da in der Schule die technischen Geräte nicht geeignet oder gar nicht vorhanden sind. Der Onlineunterricht erfolgt zusätzlich zu den Stunden meines Lehrauftrages, die durch die Notbetreuung (3/4 der Klasse) komplett aufgebraucht sind. Am Wochenende schreibe ich Lernpläne, die ich mit selbstgedrehten Lernvideos etc so anschaulich wie möglich gestalte. Auch das kostet Zeit. In Phasen der Schulschließung arbeite ich fast doppelt so viele Stunden wie sonst. Mehrarbeitsstunden können aber laut Aussage der LaSuB nicht angerechnet werden, da “ die Lehrer während der Notbetreuung ja weniger arbeiten als sonst“. Das ist wie ein Schlag ins Gesicht!
Viele Lehrer wollen aus dieser schwierigen Zeit gern das beste machen, aber irgendwann sind unsere Kräfte auch am Ende.
So stellt man sich das vor. Auch unser Gymnasium hat einen engagierten Schulleiter, der gern Hybridunterricht einführen möchte. Leider ist das mitten in einer Großstadt und mit über 1000 Schüler nicht möglich, weil das Schulnetz dann zusammenbricht. Die meisten Lehrer sind auch an unserer Schule engagiert und mit viel Kreativität dabei. Wenn allerdings die Informatiklehrer in der 7. Klasse zu den wenigen gehören, die mit mit digitalem Unterricht nichts anfangen können, dann frage ich mich schon, welche Qualifikation von einem Informatiklehrer an einem Gymnasium in Sachsen erwartet werden bzw. wie diese Lehrer unsere Jugend technisch auf die Zukunft vorbereiten. Hier sollte man ansetzen und auch gewisse Mindeststandards bei Stellenausschreibungen festlegen.
Ja, so ein Unterrichtskonzept wäre wünschenswert. Leider nehmen sich das viele Lehrer nicht an bzw. werden vom Rektor gar nicht dazu angehalten. Im Gegenteil, dieser verteidigt, das ganz Wenig-Tun auch noch damit, dass das gymnasiale Konzept nicht für den Distanzunterricht ausgelegt sei (auch Konzepte lassen sich überarbeiten) und die Schule technisch nicht für Online-Unterricht aufgestellt wäre (nach dem Corona-Hilfs-Paket, welches bei der Schule meines Sohnes angekommen ist und von engagierten Leuten eingerichtet wurde).
Am Gymnasium meines Sohnes wird alles auf Präsenzunterricht orientiert. Im Distanz“unterricht“ werden Aufgaben zum Selbststudium verteilt, im Wechselmodell haben die Kinder eine Woche Ferien und wenn dann mal wieder die Präsenzwoche stattfindet wird alles an LKs, Klassenarbeiten, Kurzkontrollen oder mündl. Noten in die Woche gequetscht wie nur geht, damit man auf „seine Zensuren kommt“.
Anstatt Nachzuholen, Zusammenzufassen und den Lehrstand zu kontrollieren (Nicht benoten) wird noch mehr Druck aufgebaut.
Mein Sohn geht gerne zur Schule, vor allem wegen der sozialen Kontakte. Aber auch er merkt, dass nur noch durchgezogen wird, ohne Rücksicht auf Schüler, die aus Gründen nicht beim Distanzunterricht sein konnten oder hinterher kamen. Diese rutschen nun noch mehr ab.
Im Endeffekt bleibt an uns Eltern hängen, dass wir unsere Kinder unterrichten oder sie zur Nachhilfe bringen, damit der Anschluss nicht verloren geht oder aufgeholt wird.
Nur sehe ich nicht ein, warum wir grade stehen sollten für Defizite, die offensichtlich viele Lehrer selbst haben und nun auch noch in Sommer-Akademien die Freizeit der Kinder noch mehr beschränken sollen.
Es wird damit gar nicht honoriert, was die Kinder die letzten Monate geleistet haben und das ist sehr traurig.
Und nun hätte ich gern auch den Bericht aus einer Standardschule, wo eben all die Probleme auftreten, die hier zwar mal erwähnt, aber eben nicht selbstverständlich gelöst werden müssen: schwaches oder gar kein Internet zu Hause, fehlende technische Ausstattung auf Schüler- und Lehrerseite, fehlendes digitales Know-How bei den Kollegen, die alltägliche Arbeit mit einem System, dass immer wieder hakt und schlecht bis gar nicht dokumentiert den Lehrern zur Vefügung steht, …
Ja, dem stimme ich zu.
Das klingt alles super. Leider sieht es an vielen anderen Schulen ganz anders aus und das liegt nicht (wie oft angenommen) an der mangelnden Kompetenz, Bereitschaft etc. der Lehrkräfte.
Es liegt viel mehr an der mangelhaften Ausstattung der Schulen! Hier ein Einblick: an meiner Grundschule gibt es im Jahr 2021 einen portablen Beamer und zwei Tageslichtprojektoren (= Polylux) – noch einmal: 2021!
Die Gemeinde ist als Schulträger für die Ausstattung verantwortlich und da liegt schon der erste große Fehler im System. Jede Gemeinde ist finanziell völlig anders aufgestellt. Ist das unser Anspruch von Bildung, dass Kinder einer finanzschwachen Gemeinde am Ende einfach Pech gehabt haben? Freunde von mir arbeiten an Leipziger Grundschulen. Diese Schulen bekommen jährlich von der Ralf Rangnick Stiftung Gelder für die Ausstattung der Schule – ein super Projekt. Ich bin mir sicher, dass Schulen aus dem Vogtland, dem Erzgebirge und der Lausitz darüber nur lachen können. Die Gemeinden pfeifen dort oft aus dem letzten Loch und das wird nach Corona sicherlich noch schlimmer.
Was brauchst es? Der Freistaat muss ganz klar festlegen was jedes Klassenzimmer als Ausstattung benötigt. Das kann von Schulart zu Schulart verschieden sein und damit mein ich auch nicht, dass man eine bestimmte Firma empfehlen soll. Es muss jedoch klar formuliert werden, dass bspw. jede Schule Wlan benötigt. Jedes Klassenzimmer benötigt festinstallierte Beamer, jede Lehrkraft benötigt ein Tablet mit dem dazugehörigen Stift. Die Verbindung aus Tablet, Beamer und Wlan ist unschlagbar. Tafelbilder können daheim erstellt werden und wir Lehrkräfte haben im Unterricht mehr Zeit für die Schüler*innen. Das sollte genauso essentiell sein wie Tische und Stühle im Klassenzimmer und sollte vor allem aller bspw. 5 Jahre aktualisiert werden. Finanzschwache Kommunen müssen vom Freistaat unterstützt werden. Ansonsten stelle ich mir die Frage, weshalb ich als junger Lehrer auf dem Land in der Kreidezeit arbeiten sollte. Das ist für mich keine Perspektive.
Lieber Grundschullehrer,
vielen Dank für Ihren Beitrag. Dazu möchte ich Sie gern auf meine Antwort an Dresdner Schulleiterin hinweisen: http://www.bildung.sachsen.de/blog/index.php/2021/05/17/digitaler-unterricht-funktioniert-in-sachsen-nicht-oder-doch/#comment-14112.
Herzliche Grüße
Lynn Winkler
In der Oberschule meines Sohnes findet kaum digitaler Unterricht statt, nur 2 Tage Präsenzunterricht die Woche. Es fehlt die Technik und das WLAN. Es existiert 1! Videoarbeitsplatz an der Schule. Einzelne Lehrer nutzen ihre privaten Geräte und Internetzugänge. Aufgaben werden via LernSax eingestellt, eine begleitende Betreuung der Schüler findet nicht oder nur in einem Mindestmaß statt. Es ist nicht vorstellbar, dass in Deutschland solch eine unzureichende Beschulung stattfindet. Bildungsgerechtigkeit als verfassungsrechtlich verankertes Grundrecht wird hier mit Füßen getreten. Fitnessstudios, Biergärten und Kultur öffnen wieder unter Auflagen, von den weiterführenden Schulen spricht aktuell keiner. Deutschland kann sich nicht Kinder- und Jugendfeindlicher präsentieren. Mir als Vater geht die Luft aus, für die Bildung meines Sohnes zu kämpfen. Die Kinder leben wie Langzeitarbeitslose, kaum Tagesstruktur, kein Vereinssport, kaum Schule, kaum altersentsprechende Kontakte. Wir als Eltern versuchen vieles zu kompensieren, schaffen es aber einfach nicht.
Das ist eine Musterschule was das digitale Lernen angeht.
Genauso wünscht man sich das als Elternteil, aber auch als Schüler.
Und wie immer sieht man, es kommt immer auf die Bereitschaft der Lehrer und Schüler an das umzusetzen.
Die Lehrer an unserer Schule kommen zum Großteil gar nicht auf die Idee die Kinder, welche gerade beim Wechselmodell zu Hause ‚arbeiten‘, mit einzubeziehen. Gerade in zwei Fächern, wo die Lehrer Videokonferenzen anbieten, da diese auch von zu Hause arbeiten, findet das statt.
Alle anderen Lehrer lassen die Kinder welche sich gerade zu Hause befinden in Ruhe.
Wenn aber generelles Home Schooling statt findet, werden die Kinder teilweise mit Aufgaben überschüttet, dass die Zeit einer normalen Unterrichtsstunde gar nicht ausreicht diese zu bearbeiten.
Die Videokonferenzen in den verschiedensten Fächern sind in letzter Zeit etwas mehr geworden – die Lehrer merken wahrscheinlich das noch so viel neuer Stoff da liegt – das kann kein Schüler sich alles selbst erarbeiten über Aufgabenstellungen. Ist auch nicht seine Aufgabe.
So einen engagierten Direktor wünsche ich mir auch für unser Gymnasium. Dann werden die Lehrer auch mitgezogen und auf eine Linie gebracht.
Achja, es wäre so schön wenn das auch am Hülße-Gymnasium in Dresden möglich wäre. Aber dort „stinkt der Fisch vom Kopf“ und es wird viel viel zu wenig und noch dazu viel zu langsam modernisiert. Leider gibt es aufgrund entwicklungsunwilliger Oberstudiendirektoren jetzt eine Zwei-Klassen-Bildung in Sachsen. Wir fühlen uns abgehängt und allein gelassen.