Lehrerausbildung neu gedacht: Referendarin verschönert mit Schülern Schneeberger Stadtpark

Lehrerausbildung neu gedacht: Referendarin verschönert mit Schülern Schneeberger Stadtpark

Was passiert, wenn Ausbilderin, Referendarin, Schule, Schüler und ihre Eltern zusammen mit der Stadt an einem Strang ziehen? Etwas Großartiges für Schneeberg – und die Ausbildung für Lehrkräfte!

Vor den Toren von Schneeberg.

Der Nebel steigt langsam aus den Feldern und Wäldern empor, die Sonne bahnt sich ihren Weg durch die letzten Wolken. Ein sonniger Herbsttag steht bevor. Wir sind auf dem Weg ins Erzgebirge, genauer in die schöne Bergstadt Schneeberg. Es geht an die Grundschule Hans-Marchwitza. Hier treffen wir Nadja Seidel. Sie ist Hauptausbildungsleiterin an der Lehrerausbildungsstätte für das Grundschullehramt in Annaberg-Buchholz und verantwortlich für die Praxisaufgabe der Referendare. Zusammen mit der angehenden Lehrerin Sarah Böhm und der Klasse 3b geht es in den Stadtpark von Schneeberg.

Wir verschönern den Stadtpark!

Mit drei gut beladenen Bollerwagen erreichen wir nach etwa zehn Minuten Fußweg unser Ziel. Engagierte Eltern warten bereits am Spielplatz, um tatkräftig mit anzupacken. Doch von vorn: Sarah Böhm ist Lehrkraft in Ausbildung und absolviert aktuell ihr Referendariat an der Grundschule in Schneeberg. Ein To-do auf ihrem Weg zur Lehrerin: die Praxisaufgabe.

Referendarin Sarah Böhm mit Kindern der Klasse 3b im Gespräch.

»Wir als Klasse haben zuerst überlegt: Was gefällt uns am Stadtpark und was ist vielleicht nicht so schön? Zum Beispiel ist uns aufgefallen, dass die Bänke beschmiert sind. Gemeinsam mit dem Bürgermeister der Stadt Schneeberg, Ingo Seifert, haben wir dann überlegt, was wir konkret verändern können, damit der Park ein noch schönerer Ort wird – für die Menschen, die Tiere und auch für die Pflanzen. Schließlich stand fest, dass wir zwei Dinge angehen: 1) Frühblüher in der Erde verstecken und 2) zwei Sitzbänken am Spielplatz, die wirklich sehr verunstaltet sind, einen neuen Anstrich verleihen«, erinnert sich Sarah Böhm an die Anfänge des Projekts.

Dann galt es, das Vorhaben gut vorzubereiten: Zunächst berechneten die Schülerinnen und Schüler im Mathematikunterricht, wie viele Blumenzwiebeln gebraucht werden. Ein Baumarktbesuch mit weiteren Aufgaben folgte: Welche Frühblüher gibt es? Wie viele Zwiebeln sind in einer Packung enthalten? Was kostet eine Packung? »Im Unterricht gingen wir außerdem die Teilschritte zum Pflanzen durch. Dabei entstand unsere detaillierte Handlungsanleitung«, erklärt Sarah Böhm weiter. Hinzu kamen Gespräche mit dem Bauhof, es wurden Arbeitsmaterialien zusammengestellt und Sarah Böhm organisierte mit den Eltern ein gemeinsames, stärkendes Frühstück für den bevorstehenden Pflanz- und Streichtag.

Zurück im Stadtpark: Nach ein paar erklärenden Worten von Nachwuchslehrerin Sarah Böhm, was die Grundschülerinnen und Grundschüler heute erwartet, kann es auch schon losgehen. Eine Schülergruppe schnappt sich Blumenzwiebeln, Pflanzkellen und Wasser – die andere Pinsel, Schmirgelpapier und Farbe.

»Unser Motto: ›Viele kleine Leute können an vielen kleinen Orten viele kleine Schritte tun und damit das Gesicht der Welt verändern‹ setzen wir heute praktisch um. Mit unserer Aktion können wir als Klasse einen kleinen Beitrag leisten, dass der Stadtpark noch schöner wird. Ich freue mich total, dass die Kinder mitmachen – und ja, ich glaube, wir haben damit Erfolg«, freut sich Sarah Böhm.

Begeistert sind auch die Eltern der Drittklässler, die das Projekt ganz selbstverständlich unterstützen. »Ich finde es klasse, weil der Stadtpark jetzt wieder toll wird und die Kinder riesigen Spaß haben. Wir sind gespannt, wie viele Blumenzwiebeln im nächsten Frühjahr das Licht der Welt erblicken«, lässt uns Elternsprecherin Mareen Hynek voller Vorfreude wissen.

Vor Ort ist auch Mutter Kristin Lotze: »Ich habe das Glück, vorbeizuschnuppern und zu schauen, was die Kinder machen. Ich freue mich sehr, dass die Kinder etwas erleben, selbstständig etwas erarbeiten und ich denke, dadurch auch mehr wertschätzen, was hier geschaffen wird und somit sorgsamer damit umgehen. Die Kinder haben die Chance, Unterricht mal von einer anderen Seite zu erleben.«

Nach getaner Arbeit sind die fleißigen Grundschülerinnen und Grundschüler sichtlich stolz.

Und was sagen die Kinder selbst? »Cool!«, »Schön!«, »Toll!«, »Sehr cool!«, »Wunderschön!«

Schulleitung unterstützt nach Kräften

Das ist die schöne Grundschule Hans-Marchwitza.

Begeistert ist auch der Schulleiter der Grundschule Hans-Marchwitza, Rene Prünstner: »Ich finde das Projekt, das Sarah Böhm als Referendarin mit der Klasse 3b ins Leben gerufen hat, sehr gut. Es passt hervorragend ins Konzept der Stadt, alles für die Kinder freundlicher und farbenfroher zu gestalten – auch unseren Stadtpark, der dadurch einen neuen Farbtupfer bekommen wird. Wir haben die Aktion als Schule mit Materialien und Personal unterstützt. Es war eine sehr, sehr gute Entscheidung von Sarah Böhm, das umzusetzen. Davon haben wir alle lange etwas, denn wir können die Frühblüher in jedem Jahr wieder bewundern, wenn sie im Frühling aus dem Boden schauen.«

Ausbildungsstätte setzt auf mehr Praxis

»Das Projekt von Sarah Böhm ist hervorragend und passt wunderbar zur innovativen Lehr- und Lernform ›Lernen durch Engagement (LdE)‹«, unterstreicht Hauptausbildungsleiterin Nadja Seidel. »Im Zuge des neuen Curriculums wurde an den fünf Lehrerausbildungsstätten in Sachsen das Ausbildungsinstrument Praxisaufgabe neu gedacht. Im Bereich Lehramt an Grundschulen kann nun diese Form eines Mikroprojektes initiiert werden. Die Lehrerausbildungsstätte Annaberg-Buchholz koppelt die Praxisaufgabe an die Lehr- und Lernform LdE.«

Das Beste daran: Der Mehrwert für die Nachwuchslehrkräfte ist groß. »Sie planen ihr Projekt fächerverbindend – es müssen mindestens drei Fächer involviert sein – und zusammen mit den Kindern. Näher an der Praxis geht es kaum«, ergänzt Nadja Seidel stolz.

Im Dezember wird die angehende Lehrerin Sarah Böhm ihre Praxisaufgabe im Rahmen ihrer Ausbildung in digitaler Form präsentieren. »Darauf freue ich mich schon sehr – genauso wie auf die vielen anderen tollen LdE-Projekte, die in den letzten Monaten entstanden sind. Zum Beispiel haben Grundschülerinnen und -schüler Insektenhotels für Wildbienen gebaut, Bäume gepflanzt oder in Pflegeheimen mit den Bewohnerinnen und Bewohnern gekocht und gespielt. Alles Dinge, für die es einen realen Bedarf gibt und auf die die Kinder selbst kamen«, verrät Ausbildungsleiterin Nadja Seidel mit strahlenden Augen.

Lernen durch Engagement macht’s möglich

Der Gesellschaft etwas Gutes tun, Demokratiebildung, Projektorientierung, Lebensweltbezug sowie fachliches und fächerübergreifendes Lernen: Lernen durch Engagement verbindet gesellschaftliches Engagement von Schülerinnen und Schülern mit fachlichem Lernen. Die sächsische Koordinierungsstelle »Lernen durch Engagement« berät, unterstützt und begleitet Schulen in Sachsen, die in diesem Rahmen Projekte umsetzen wollen. Auf der Homepage der Koordinierungsstelle finden interessierte Schulen weitere Informationen: kle-sachsen.de.

Lynn Winkler, Redakteurin für Social Media in der Pressestelle des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus

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