Vom Unterricht in die (Forschungs-)Praxis: Innovatives Projekt soll MINT-Nachwuchs im ländlichen Raum fördern und halten

Vom Unterricht in die (Forschungs-)Praxis: Innovatives Projekt soll MINT-Nachwuchs im ländlichen Raum fördern und halten

Schülerinnen und Schüler frühzeitig für Naturwissenschaften begeistern – das geht am besten mit viel Praxis. Mit dem Projekt »Schule und Forschung regional vernetzt (SFregio)« ziehen das Forschungsinstitut in Meinsberg, die Stadt Hartha und das Martin-Luther-Gymnasium (MLG) an einem Strang und wollen junge MINT-Fachkräfte in die mittelsächsische Region bringen.

2020 wurde das Innovationsprojekt »Schule und Forschung regional vernetzt (SFregio)« des Kurt-Schwabe-Instituts für Mess- und Sensortechnik e. V. (KSI Meinsberg), der Stadt Hartha und des Martin-Luther-Gymnasiums Hartha im simul+-Wettbewerb »Ideen für den ländlichen Raum« des Sächsischen Staatsministeriums für Regionalentwicklung mit einem ersten Preis prämiert und erhielt 300.000 Euro – der Beginn einer Erfolgsgeschichte.

Prof. Dr. Michael Mertig, Direktor des KSI

»Es geht darum, dass wir eine neue Art von Nachwuchsförderung hier im ländlichen Raum kreieren wollen. Wir möchten den Schülerinnen und Schülern zeigen, wo heute Innovationen entstehen«, fasst der Direktor des KSI, Prof. Dr. Michael Mertig, das Anliegen von SFregio zusammen. »Das sind insbesondere Gebiete, die zwischen den eigentlichen Fachgebieten liegen. Deshalb haben wir uns eine Profilrichtung am Gymnasium herausgesucht, in der es um Bionik geht. Bionik heißt: Lernen von der Natur. Dort gibt es viele Schnittstellen zwischen Physik, Chemie und Mathematik. Wir schauen uns also die Strukturen der Natur an und überlegen, ob und wie wir sie für uns nutzbar machen können, etwa für Sensoren oder Mikroelektronik.«

Eine Win-win-Situation für alle

Heike Geißler, Schulleiterin des Martin-Luther-Gymnasiums Hartha, ist begeistert: »Für mich ist es eine ganz, ganz besondere Geschichte, die wir hier in die Realität umgesetzt haben. Für unser Gymnasium ist das Projekt ein Alleinstellungsmerkmal. Unsere Schülerinnen und Schüler gehen aus der Schule heraus und können ihr erworbenes Wissen direkt in der Praxis anwenden. Besser kann man es nicht haben!«

Das Kurt-Schwabe-Instituts für Mess- und Sensortechnik e. V. liegt mitten im Grünen.

»Es ist wichtig, den Jugendlichen schon früh zu zeigen, welche Möglichkeiten sie nach der Schule haben: eine Ausbildung in der Region absolvieren oder ein Studium. Ihnen auch zu verdeutlichen, dass sie nach einem erfolgreichen Studium in ihre Heimat zurückkehren können. Eine Win-win-Situation für uns alle, denn davon profitieren die Schule, das Elternhaus und natürlich die Firmen der Region.«

So sieht das Projekt in der Praxis aus

Alle zwei Wochen nehmen interessierte Neuntklässlerinnen und Neuntklässler des MLG im Rahmen ihres naturwissenschaftlichen Profilunterrichts an einem praxis- und studienorientierten Unterricht zum Thema Bionik teil.

Teil 1: Die wissenschaftlichen Mitarbeiter des KSI Meinsberg präsentieren im Unterricht am Gymnasium Inhalte aus der aktuellen Forschung der modernen Sensorik. Für ein besseres Verständnis vermitteln sie den Schülerinnen und Schülern dabei auch die notwendigen Grundlagen.

Teil 2: »Bionik – Lernen von der Natur«: Damit die Lerninhalte bestmöglich veranschaulicht werden können, finden begleitend im zweiwöchentlichen Wechsel praktische Unterrichtseinheiten in den hochmodernen Laboren des KSI statt. Dort können die Schülerinnen und Schüler in kleinen Gruppen selbst experimentieren und so das Gelernte vertiefen und Wissenschaft hautnah erleben. Besondere Beachtung findet dabei auch die Darstellung des interdisziplinären fächerübergreifenden Charakters der wissenschaftlichen Arbeit auf dem Gebiet der angewandten Sensorforschung.

Es gibt insgesamt sieben Unterrichtstermine am Gymnasium, weitere sieben Male kommen die jungen Nachwuchsforscher zum Praktikum nach Meinsberg.

Von Fruchtfliegen bis Nanometerskala: Vor Ort im KSI

In ersten praktischen Übungen versuchen sich die Neuntklässler in den gentechnischen Sicherheitslaboren am KSI Meinsberg. Sie arbeiten beispielweise mit gentechnisch veränderten Hefezellen sowie Fruchtfliegen und deren Larven. So lernen sie verschiedene Methoden zur Bestimmung der Zellzahl in den Hefekulturen und die Unterscheidung von Männchen und Weibchen der adulten Fruchtfliegen kennen und steuern die Bewegungen der Larven mittels Licht verschiedener Wellenlängen.

Bei einem weiteren Praktikumstermin befassen sie sich mit dem Thema »Sehen auf der Nanometerskala – moderne Mikroskopiemethoden«. Hier erleben die Schüler ganz praktisch hochauflösende Stereomikroskopie, Elektronenmikroskopie sowie Rasterkraftmikroskopie. Unter anderem schauen sie sich verschiedene Werkstoffe und Materialien bis hin zu Pollenkörnern und einem Facettenauge in riesiger Vergrößerung an. Sie lernen, dass man DNA in vielfältige verschiedene Formen falten kann und führen selbst eine entsprechende Präparation durch, um den Erfolg der Faltung im Rasterkraftmikroskop zu überprüfen.

BELLissimo

Für besonders engagierte, leistungsstarke Schülerinnen und Schüler gibt es zusätzliche, thematische Angebote, die sie bei ihrer Besonderen Lernleistung (BELL) unterstützen. Dabei sollen die pädagogischen Kompetenzen der Fachlehrkräfte mit den wissenschaftlichen Aspekten einer Forschungsarbeit der Praxis verknüpft werden. Schulischer und wissenschaftlicher Betreuer arbeiten dabei eng zusammen.

Praktika

Interessierte Schülerinnen und Schüler können am Institut auch mehrwöchige Schülerpraktika absolvieren.

Beste Ausstattung am Gymnasium

Um den naturwissenschaftlichen Unterricht auch am Martin-Luther-Gymnasium selbst anschaulicher zu gestalten, hat das Gymnasium von den Projektgeldern ein modernes Stereomikroskop mit Möglichkeit zur 3-D­-Darstellung angeschafft. Über eine angeschlossene Kamera können Bilder aufgenommen werden und für alle Schülerinnen und Schüler sichtbar auf eine elektronische Tafel projiziert oder auf Tablets dargestellt werden. Auch der Klassensatz Tablets wurde im Rahmen des Projekts neu beschafft. Die Tablets können außerdem etwa für die Darstellung und Auswertung kleinerer im Unterricht durchgeführter Messreihen verwendet werden.

Lynn Winkler, Redakteurin für Social Media in der Pressestelle des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus

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