»Eine gut ausgebildete Medienkompetenz ist heute ein unabdingbarer Teil guter Unterrichtsentwicklung«

»Eine gut ausgebildete Medienkompetenz ist heute ein unabdingbarer Teil guter Unterrichtsentwicklung«

Die Werner-Heisenberg-Schule, Gymnasium der Stadt Leipzig, bildet inzwischen seit fünf Jahren Medienscouts aus und stärkt damit die Medienkompetenz der Schüler und Lehrkräfte. Schulleiterin Dagmar Schreiber, Projektleiterin Tina Ternes und Medienscout Said Zouaidia erzählen, warum es sich für Schulen lohnt, bei der Initiative mitzumachen.

Medienscouts machen andere fit, wenn es um Themen wie Datenschutz, Selbstdarstellung und Privatsphäre im Netz sowie Cybermobbing geht. Welche Angebote gibt es konkret an Ihrer Schule für Lehrkräfte und Schüler?

Tina Ternes: Unser »Demokratie- & Medienkompetenzprojekt« beinhaltet genau das, was sich die Bildungsinitiative »Medienscouts in Sachsen« des Landesamtes für Schule und Bildung (LaSuB) zum Ziel gesetzt hat: Schülerinnen und Schüler zu Medienscouts ausbilden. Wir verfolgen dabei den Peer-to-Peer-Ansatz: Schüler bringen anderen Schülern etwas bei, nachdem sie selbst die entsprechende Kompetenz erworben haben.

Insbesondere hervorzuheben sind die »Onlinewächter« – so nennen sich unsere Medienscouts –, die ihr Projektkonzept an unserem Gymnasium entwickelt haben und den daraus resultierenden Präventionsworkshop zum Thema Cybermobbing in unseren 5. und 6. Klassen regelmäßig abhalten. Außerdem ist die Projektgruppe in Grundschulen zum Thema Cybermobbing unterwegs.

Eine zweite Gruppe, die Schulfotografen, beschäftigen sich mit Fotografie. Sie lernen das Fotografieren und die Bildbearbeitung von einem erfahrenen Fotografen und stehen unserer Schule für Schulevents, wie Theaterstücke, Weihnachtsprogramme, den Tag der offenen Tür und weitere Schulveranstaltungen, zur Verfügung. Ihre Fotografien werden auf unserer Schulhomepage veröffentlicht und im Rahmen von Vernissagen präsentiert. Die Schulfotografen werden mittlerweile auch von anderen Schulen im Leipziger Raum angefragt.

Eine dritte Gruppe, die »Pods«, eine Podcast-Gruppe, ist seit letztem Jahr sehr aktiv. Ihre Veröffentlichungen erscheinen auf der Schulhomepage unseres Gymnasiums und erfreuen eine große Anhängerschaft und laden über unsere Schulhomepage auch Auswärtige dazu ein, ihre Beiträge zu rezipieren. Inhalt der Veröffentlichungen sind aktuelle Themen, die die Schülerschaft bewegen.

Ab dem kommenden Schuljahr werden die »LernSax-Paten« unsere neuen Fünftklässler für die Benutzung der Lernplattform ausbilden. Sie unterstützen die neuen Schüler am Anfang des Schuljahres bei der ersten Handhabung von LernSax und stehen für sie weiterhin mit bedarfsgerechten Angeboten bereit, damit alle denselben guten Kenntnisstand zur Bedienung besitzen.

Schulische Medienbildung fängt schon bei den Kleinen an. Welche Inhalte vermitteln die »Onlinewächter« Grundschülerinnen und Grundschülern?

Said Zouaidia: Wir versuchen, die Kids über Cybermobbing aufzuklären, denn wir stellen immer wieder fest, dass die digitale Welt für einen Großteil noch Neuland ist. Viele Eltern geben ihren Kindern zwar ein Smartphone in die Hand, aber die meisten Grundschüler wissen gar nicht, wie sie damit sinnvoll umgehen können. Sie wissen mitunter auch nicht, was Cybermobbing eigentlich bedeutet. Wir helfen ihnen: Bei uns lernen sie den Begriff »Cybermobbing« und dessen Komplexität kennen. Die Workshops gestalten wir spielerisch und damit verständlich für die Jüngsten. Hierfür nutzen wir etwa nachgestellte Chats und analysieren sie in kleinen Gruppen oder wir nutzen ein Online-Quiz und klären parallel auf.

Es ist uns wichtig, mit den Schülern unseres Gymnasiums auf Augenhöhe zu kommunizieren: Sie können sich jederzeit mit Fragen und Problemen an uns wenden, entweder persönlich, per E-Mail oder den neuen Kummerkasten an unserer Schule. Denn wir glauben, dass die Hemmungen, sich über ein Problem auszutauschen, auf der Kommunikationsebene Schüler-Schüler geringer sind, als etwa mit Lehrern oder Eltern zu sprechen. Medienscouts braucht es aus meiner Sicht an jeder Schule.

Wie entstehen die Angebote?

Tina Ternes: Der Input kam und kommt hauptsächlich von den Gymnasiasten selbst, von den Workshopleitungen und von Seiten der Bildungsinitiative »Medienscouts in Sachsen«.

Welche Vorteile bringt die Bildungsinitiative »Medienscouts in Sachsen« aus Ihrer Sicht für Schulen? Lohnt es sich, mitzumachen?

Dagmar Schreiber: Natürlich. Für mich gehört die Medien- und die Demokratiebildung in eine moderne und den Anforderungen der Zeit entsprechende Schule. Die Bildungsinitiative »Medienscouts in Sachsen« und vor allem die Zusammenarbeit mit Koordinatorin Angela Johanning war von Anfang an umfassend, kompetent und vielfältig. Wann immer es eine Frage gab und gibt, standen und stehen uns Ansprechpartner des LaSuB und vor allem Angela Johanning mit Rat und Tat zur Seite. Beispielhaft für den wertvollen Support seien hier wichtige Veranstaltungen und Weiterbildungen für uns genannt: die Teilnahme an der Bundesjugendkonferenz Medien in Rostock, das Medienscout-Netzwerktreffen in Radebeul und der ErasmusPlus-Austausch in Graz.

Bei der genannten Lehrerfortbildung im österreichischen Graz haben wir die Pädagogische Hochschule, Ober- und Berufsschulen besucht und mussten feststellen, dass sowohl der Bereich Digitalisierung als auch der Umgang mit Medien dort für uns sehr viele interessante und zukunftsweisende Aspekte bot.

Tina Ternes: Auch dank der Bildungsinitiative konnten wir für unser Schulleben so wichtige Projekte in unserem Haus etablieren. Außerdem fühlen wir uns als Gymnasium im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung verpflichtet, Angebote und Hilfestellungen über den Sächsischen Lehrplan hinaus anzubieten. Die Erfolge und die Wertschätzung dafür sind auch für mich ein großer Antrieb. Wir haben mittlerweile Anfragen von Oberschulen, von anderen Gymnasien, vom Medienpädagogischen Zentrum Leipzig, die von unserer Erfahrung und unserem Wissen profitieren möchten. Im vergangenen Jahr und auch im Jahr 2024 stellten wir einen Teil unseres Projekts auf der Leipziger Buchmesse vor und geben so unser Know-how sehr gern weiter.

Es macht uns Betreuer und Begleiter außerdem sehr stolz, wie sich die Schüler innerhalb des Projektes entwickeln. Sie werden eigenständig, erfahren, dass sie an ihrer Schule selbst gestalten und mitentscheiden können – ganz nach dem Schulmotto des Werner-Heisenberg-Gymnasiums (WHS) »Wachsen-Handeln-Stärken«. Wir erleben, dass sich die Medienscouts auch in ihrer Freizeit mit großem Engagement in den verschiedensten Bereichen einbringen. Das finde ich außerordentlich bemerkens- und lobenswert. Der Einsatz von Medienscouts ist aus meiner Sicht auch deshalb so gewinnbringend. Wir sind überzeugt von unserem Projekt und wollen andere Schulen ermutigen, ebenfalls an der Bildungsinitiative »Medienscouts in Sachsen« teilzunehmen.

Schulen müssen heute vielfache Herausforderungen meistern: Wie gelingt es Ihnen dennoch, sich für mehr Medienkompetenz zu engagieren?

Tina Ternes: Dies gelingt uns dank unserer engagierten Lehrkräfte, aber auch insbesondere durch unsere engagierten Schülerinnen und Schüler. Neben der umfangreichen Projektarbeit gibt es für die Medienscouts selbstverständlich auch teambildende Maßnahmen, wie Ausflüge, Grillabende oder unsere Weihnachtsfeier. So hat sich über die Jahre ein starkes Team entwickelt, das auch mich als Projektleiterin unterstützt. Ich musste lernen abzugeben und Schülern Aufgaben anzuvertrauen. Und auch wenn nicht immer alles funktioniert, lernen unsere Schüler daraus.

Dagmar Schreiber: Eine gut ausgebildete Medienkompetenz ist aus meiner Sicht heute ein unabdingbarer Teil guter Unterrichtsentwicklung: Selbstverständlich gelingt gute Schule nicht von heute auf morgen, dies ist ein andauernder Prozess und unterliegt immer Veränderungen.

Wir sehen an unserem »Demokratie- & Medienkompetenzprojekt« die Weiterentwicklung unserer Schulgemeinschaft, die sich in dieser Richtung immer mehr engagiert und die Wertschätzung, die uns auch außerhalb des Schulkontextes entgegengebracht wird. Ein hilfreicher »Weggefährte« war und ist zudem Herr Kai-Thorsten Buchele vom Institut f. Demokratie u. Medienkompetenz, der uns bis heute sehr aktiv in unserer Arbeit unterstützt. Eine weitere nützliche Kooperation zur Gewaltprävention führen wir darüber hinaus mit Law4school.

Ein weiterer zusätzlicher Erfolgsbaustein war und ist übrigens unsere zweifache Teilnahme beim Sächsischen Mitmachfond. Bei diesem Ideenwettbewerb zum Thema Digitalisierung und deren Ausgestaltung haben wir gleich mehrfach Hauptpreise gewonnen, die uns bis zum heutigen Tag bei unserer Medienarbeit und insbesondere bei unserem Demokratie- & Medienkompetenzprojekt finanziell unterstützen.

Ich möchte mich an dieser Stelle bei allen Medienscouts, unserem sehr aktiven Schülerrat und den Kolleginnen und Kollegen bedanken, welche die schulische Medienscout-Projektarbeit unterstützen.

Fortbildungsangebote für Lehrkräfte stehen bereit

Um interessierte Schülerinnen und Schüler zu Medienscouts auszubilden, gibt es für Lehrkräfte in jedem Schuljahr attraktive Fortbildungsmodule. Eine Anmeldung ist über das Schulportal möglich. Hier können die Angebote unter dem Stichwort »Medienscouts« recherchiert werden.

Darüber hinaus informiert ein Newsletter regelmäßig über die Medienscout-Initiativen in Sachsen, gibt Hinweise zu Veranstaltungen und Materialien für die Ausbildung und die Arbeit der Medienscouts.

Viele weitere Informationen gibt es auf der Webseite der Bildungsinitiative:
www.medienscouts-sachsen.de.

Mehr zur Arbeit der WHS Leipzig gibt es auf der Webseite: www.whs-leipzig.de.

Fotos: WHS | Vanessa Scholz

Lynn Winkler, Redakteurin für Social Media in der Pressestelle des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus

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