Teach First Deutschland: Ein Gespräch mit Fellow Christoph Körner

Teach First Deutschland: Ein Gespräch mit Fellow Christoph Körner

Vom Energiemanager zum Fellow: Christoph Körner unterstützt seit fast zwei Jahren Kinder und Jugendliche mit schwierigen Startbedingungen an einer Oberschule in Dresden. Als zusätzliche Lehrkraft unterstützt er im Unterricht und mit verschiedenen Angeboten nach Unterrichtsschluss. Dafür hat er seinen Job bei einem Energiekonzern an den Nagel gehängt.

Text: Kathrin Justen

Bald endet seine Fellowzeit und damit auch das Leadershipprogramm von Teach First Deutschland. Die Bildungsorganisation setzt sich bundesweit für mehr Chancengerechtigkeit im Bildungssystem ein und zeigt, dass Jugendliche in sozialen Brennpunkten erfolgreich sein können. Dafür arbeiten Hochschulabsolventinnen und -absolventen verschiedener Studienrichtungen als Fellows an Brennpunktschulen. Nach zwei Jahren, vielen Coachings und Fortbildungen, intensiver Zusammenarbeit mit Schülerinnen und Schülern, dem Kollegium und der Schulleitung berichtet Christoph-Jonathan Körner von seinen Erfahrungen als Fellow und was kleine Veränderungen bewirken können.

Zwei Jahre mit Kindern und Jugendlichen arbeiten – was hat dich motiviert?

Ich bin da, wo ich gebraucht werde. Das ist die größte Motivation überhaupt. Alle sind dankbar, dass ich da bin und unterstütze, wo es geht. Das ist ein ganz besonderer Spirit.

Wie sieht deine Arbeit als Fellow konkret aus?

Gemeinsam mit Lehrerinnen und Lehrern unterstütze ich im Unterricht in den Fächern Deutsch, Englisch, Biologie, Ethik und Sport. Zudem habe ich eine Jonglier-AG und eine Yoga-AG angeboten und ein Lerncamp für versetzungsgefährdete Fünftklässler organisiert. Mit ihnen war ich eine Woche in einer Hütte in der Sächsischen Schweiz. Durch diese Intensivbetreuung und ein tolles Gruppenerlebnis, haben einige der Kinder erfolgreich die Versetzung in die nächste Klasse geschafft. Ansonsten bringe ich mich auch in außerunterrichtliche Themen ein wie die Neustrukturierung der Dienstberatungen, also der Gesamtlehrerkonferenz.

Das klingt, als könntest du dich an sehr vielen Stellen einbringen.

Ja, das stimmt. Meine Schule wurde neu gegründet, deshalb war die Möglichkeit zum Mitgestalten groß und ich habe versucht, meine Kapazitäten möglichst sinnvoll und bedarfsgerecht für die Schule einzusetzen.

Wie hat sich deine Arbeit während der Covid19-Pandemie verändert?

Der Kontakt zu den Schülerinnen und Schülern hat in der Zeit der Schulschließung leider zunächst stark gelitten. Ich habe ab und zu mit ihnen telefoniert und mit einigen von ihnen konnte ich auch über E-Mails oder Instagram kommunizieren. Nun, seit der Wiedereröffnung, arbeiten wir mit halben Klassen: In der einen Woche ist die A-Gruppe in der Schule und die B-Gruppe in häuslicher Lernzeit und andersrum. Das ist ein schönes und wirksames Arbeiten mit den kleinen Klassen.

Was macht für dich die Arbeit eines Fellows aus?

Das ist gar nicht so leicht zu beantworten, denn jeder Einsatz ist anders. Für mich bedeutet es, meine Stärken zu entwickeln und in ganz vielen Bereichen das machen zu können, was mir Freude macht. Ich habe unglaublich viele Erfahrungen gesammelt in den zwei Jahren. Auch wenn es am Anfang nicht immer leicht war: Ich musste mich anfangs in dem mir unbekannten Umfeld erst einmal orientieren und strukturieren, mit Themen, in denen ich noch nicht fit war. Aber als der Knoten geplatzt ist, hat es richtig Spaß gemacht. Zudem habe ich gemerkt, wie spannend es ist, als Externer in das System Schule zu kommen und gut betreut an vielen Stellen Dinge ausprobieren zu können. Das ist für mich das Besondere und ein deutlicher Unterschied zu meiner vorherigen Arbeit in einem Energiekonzern.

Wann hast du gemerkt, dass du angekommen bist?

Da gab es nicht den einen Moment. Es war eher die Zusammenarbeit mit einem Lehrer, und dass sich die Schülerinnen und Schüler an mich und meine Rolle gewöhnt hatten und ich sie auch besser kennengelernt habe. Irgendwann war es in der Klasse richtig toll und ich habe gespürt, dass ich eine natürliche Autorität und das Vertrauen der Kinder gewonnen hatte.

Dein Einsatz geht in ein paar Wochen zu Ende. Was ist dir von den zwei Jahren besonders in Erinnerung geblieben?

Auf jeden Fall das Lerncamp. Indem ich mich dabei den versetzungsgefährdeten Schülerinnen und Schülern angenommen habe, hat das auch meine Rolle an der Schule noch einmal verändert. Ebenso das Lernatelier, das ich aufgebaut habe. Dort können Schülerinnen und Schüler hinkommen, die im Unterricht besondere Schwierigkeiten beim Lernen haben. Das ist mittlerweile eine Institution an der Schule geworden. Auch der professionelle Aufbau der Dienstbesprechung, ein Beispiel für eine kleine Veränderung mit großer Wirkung: Wir haben die Rollen Moderator*in, Zeitwächter*in und Verantwortliche*r pro Thema der Tagesordnung eingeführt. Das war sehr hilfreich.

Der Felloweinsatz ist eingebettet ins Leadershipprogramm von Teach First Deutschland. Das Programm beinhaltet die vorbereitende Qualifizierung und die stetige Begleitung und Weiterbildung der Fellows. Was hat das Programm dir gebracht?

Zunächst einmal Hilfe, Orientierung und Struktur. Mit den verschiedenen Inhalten, Formaten und einer funktionierenden Fellowgruppe zur gegenseitigen Beratung und Austausch habe ich mich gut aufgehoben gefühlt. Und ich habe mich persönlich weiterentwickelt – über den Arbeitskontext Schule hinaus. Ich hatte die Chance und die Zeit dazu, ein paar Schritte mit mir selbst weiterzukommen.

 

Das Leadershipprogramm von Teach First Deutschland startet alljährlich im Sommer. Der diesjährige Bewerbungsschluss ist am 29. Juni. Interessierte am Programm können sich entweder direkt via https://bewerbung.teachfirst.de bewerben, sich unter www.teachfirst.de/bewerben weiter informieren oder direkt Kontakt zum Recruitingteam aufnehmen: recruiting@teachfirst.de und unter 030 2639 760 12.

Lynn Winkler, Redakteurin für Social Media in der Pressestelle des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus

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