Um den Lehrermangel abzumildern, können an Sachsens Schulen und in bestimmten Bereichen Personen ohne Studium und mit Berufsabschluss als Lehrkräfte eingesetzt werden. Das sieht ein neuer Erlass von Kultusminister Conrad Clemens vor.
Schlagwort: Seiteneinstieg
Mehr Sinn, bitte! Inspiriert von ihrer Zeit in der Entwicklungshilfe, wagte die Arbeits- und Wirtschaftspsychologin Liesa Kullrich 2016 den Seiteneinstieg in den Schuldienst. Bis heute hat die engagierte Lehrerin diesen Schritt nicht bereut und schätzt die Möglichkeit, positiv auf nachwachsende Generationen einzuwirken.
In Vorbereitung des zweiten Schulhalbjahres sind mehr Seiteneinsteiger eingestellt worden als in den Vorjahren. 273 Personen werden jetzt drei Monate lang qualifiziert, bevor sie ab dem 1. Februar 2025 unterrichten werden.
Für den Einstellungstermin 1. November 2023 konnten 265 Personen für den Seiteneinstieg in den Lehrerberuf gewonnen werden.
Knapp 200 Personen konnten für den Seiteneinstieg in den Lehrerberuf gewonnen werden. Die neuen Seiteneinsteiger sind am 2. Mai in ihre dreimonatige Einstiegsfortbildung gestartet, bevor sie im August vor Klassen stehen werden.
Der Kreis der möglichen Bewerber für den Seiteneinstieg in den Lehrerberuf wird erweitert. Darauf haben sich das Kultusministerium und der Lehrerhauptpersonalrat nach langen Verhandlungen verständigt.
Fast 200 Personen konnten für den Seiteneinstieg in den Lehrerberuf gewonnen werden. Die neuen Seiteneinsteiger befinden sich seit dem 1. November in der dreimonatigen Einstiegsfortbildung bevor sie ab dem 1. Februar nächsten Jahres unterrichten werden.
Manche kennen sie bereits: Susan Neubert war 2019 ein Gesicht in unserer »Lehrer werden in Sachsen«-Kampagne mit Hendrik Duryn. Heute, zwei Jahre später, steht die Seiteneinsteigerin kurz vor ihrem Ziel: Lehrerin werden in Sachsen.
Hallo Susan! Stell dich doch bitte zunächst einmal kurz vor.
Ich heiße Susan Neubert, bin 40 Jahre alt, Vierfachmama und seit 2018 begeisterte Seiteneinsteigerin für die Fächer Informatik und Mathematik an einer Leipziger Oberschule. Seit vielen Jahren spiele ich in zwei Bandprojekten Schlagzeug, nähe gern und bin ein totaler Serienjunkie. Die Mitwirkung an der »Lehrer werden in Sachsen«-Kampagne von und mit Schauspieler Hendrik Duryn war daher damals eine besondere Ehre für mich.
Was hast du vorher beruflich gemacht und warum wolltest du wechseln?
Bevor ich in den Lehrerberuf gewechselt bin, war ich sowohl als Sales Coordinator im IT- Bereich, als auch als Software Consultant tätig. Die Tätigkeiten gefielen mir, erfüllten mich aber nie richtig vollständig. Zudem komme ich aus einer Lehrerfamilie. Mein Opa beispielsweise war Schulleiter an einer Zwenkauer Schule. Meine Mutti unterrichtet ebenfalls an einer Leipziger Oberschule. Es gibt keine Generation ohne nicht zumindest einen Lehrer in unserer Familie, zum Leidwesen aller familiären Nicht-Lehrer.
Die Arbeit macht mir viel Spaß. Sie ist, wie erwartet, unheimlich abwechslungsreich, fordert, bringt aber gleichzeitig auch viele einmalige und schöne Momente mit sich. Das möchte ich nicht mehr missen.
Wie bist du zum Seiteneinstieg gekommen?
Vor fünf Jahren war immer wieder von Lehrermangel die Rede. Der Seiteneinstieg war jedoch lange Zeit für FH-Absolventeninnen und Absolventen, wie mich, nicht freigegeben. Ich habe tatsächlich regelmäßig die Presse zu dem Thema verfolgt. 2017 gab es dann eine Anpassung zugunsten von FH-Absolventen. Diese Gelegenheit habe ich beim Schopf gepackt und mich beworben. Alle Informationen dafür fand ich auf der Webseite www.lehrerbildung.sachsen.de/lehrerwerden.htm.
Ich hatte das große Glück, einer tollen Schule in Wohnortnähe zugeteilt zu werden. Mit Annahme des Arbeitsvertrages war für mich von Anfang an klar, dass ich das Qualifizierungsprogramm für Seiteneinsteiger zügig und vollumfänglich durchlaufen möchte, um möglichst schnell die erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse für den Lehrerberuf zu erlangen und am Ende eine uneingeschränkte berufliche Anerkennung zu erhalten.
Wie lief das Studium ab? Was waren dabei deine persönlichen Highlights oder Herausforderungen?
Im Seiteneinsteigerprogramm gibt es verschiedene Qualifizierungsstufen. Mir wurde ein Fach anerkannt, ein zweites Fach musste ich also nachstudieren. So startete ich im Herbst 2018 meine wissenschaftliche Ausbildung (wAL) im Fach Mathematik an der Uni Leipzig. Die wAL dauerte insgesamt vier Semester, fand zweimal wöchentlich statt und umfasste eine Ausbildung in höherer Mathematik sowie Mathedidaktik.
Ich möchte das Leipziger wAL-Team für Mathematik sowie Mathedidaktik an dieser Stelle ausdrücklich loben. Das Studium war eine große Herausforderung, für beide Seiten. Dennoch erfuhren wir durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Uni vom ersten Tag an eine große Unterstützung und viel Engagement.
Dreizehn Jahre nach meinem ersten Studienabschluss noch einmal vier Semester die Universität in Leipzig als offiziell immatrikulierte Studentin besuchen zu dürfen, habe ich tatsächlich als Highlight empfunden.
Ehrlicherweise muss ich aber auch sagen, dass es aufgrund des enormen Pensums nicht möglich war, das Gleichgewicht zwischen Arbeit, Schule, Studium und Familie zu halten.
Lehrerin bzw. Lehrer wird man nicht mal eben nebenbei, egal auf welchem Qualifizierungsweg.
Aktuell befinde ich mich in der letzten Qualifizierungsstufe, der schulpraktischen Ausbildung. Das kann man dem Referendariat gleichsetzen. Im Februar 2022 habe ich alle Qualifizierungsstufen komplett durchlaufen und sollte dann auch die berufliche Anerkennung erhalten.
Erinnere dich einmal an deine erste Unterrichtsstunde. Wie war das für dich? Worauf schaust du gern zurück?
Meiner ersten Unterrichtsstunde und den Schülerinnen und Schülern bin ich mit Aufregung, aber auch Vorfreude begegnet. Ich muss heute noch lachen, wenn ich daran denke.
Ein Schüler sollte etwas vorlesen, bekam aber vor Stottern kaum ein Wort heraus. Die ganze Klasse lachte ihn aus. Ich – als absolute Neulehrerin – habe den armen Schüler nach allen Kräften verteidigt, was nur noch mehr Lacher hervorrief. Am Ende stellte sich heraus, dass er ganz wunderbar lesen konnte. Willkommen im Schulleben. Ich hätte keinen realistischeren Einstieg haben können.
Was sind schöne Momente und Herausforderungen im Schulalltag? Welche Erfahrungen hast du bisher gesammelt?
Ich freue mich, wenn eine Stunde gut läuft und die Schülerinnen und Schüler begeistert mitarbeiten. Es ist außerdem schön, wenn man von Eltern ein positives Feedback bekommt, dass sie ihre Kinder gut aufgehoben wissen. Jedes Kind an unserer Schule hat seine eigene Geschichte, viele lassen uns daran teilhaben. Dieses oft sehr vertrauensvolle Miteinander ist eine wichtige Basis für unsere Arbeit als Lehrer und gleichzeitig die größte Herausforderung im Schulalltag. Es macht mir großen Spaß unsere Kleinen und Großen auf einem Teil ihres Weges ins Erwachsenenleben zu begleiten und ihnen dabei eine Orientierung zu geben.
Hast du die Entscheidung, als Lehrerin zu arbeiten, schon mal bereut?
Nein! Ich kann mit großer Gewissheit sagen, dass ich beruflich angekommen bin und meinen Traumberuf gefunden habe.
Dennoch gibt es mit der immer noch ungleichen Behandlung von Lehrkräften in Sachsen einen großen Wermutstropfen. In meinem Fall ist das die fehlende Perspektive für eine Verbeamtung der Seiteneinsteiger mit einem FH-Diplom im Erststudium.
Was würdest du anderen empfehlen, die über einen Seiteneinstieg nachdenken?
Ein Seiteneinstieg bedeutet gerade am Anfang eine ganze Menge Zusatzarbeit und viel Verzicht. Ich habe während des Studiums nahezu jedes Wochenende für schulische und studientechnische Vor- und Nachbereitungen nutzen müssen. Das war zeitweise sehr kräftezehrend. Dessen sollte man sich zu Beginn eines Seiteneinstiegs bewusst sein. Das funktioniert in meinen Augen nur, wenn man den Lehrerberuf als klares Ziel vor Augen hat und mit ganzem Herzen dabei ist.
Was wünschst du dir für die schulische Zukunft?
Nach allen gesammelten Erfahrungen während der Coronapandemie wünsche ich mir, dass sowohl das deutsche Schulsystem, als auch Deutschland im Allgemeinen, einen riesigen Sprung in Richtung Digitalisierung vollziehen. Wir wurden alle wachgerüttelt, haben uns an der Startlinie versammelt und sind nach eigenem Ermessen losgelaufen. Diesen Zustand gilt es nun zu optimieren und zu vereinheitlichen.
Liebe Susan, herzlichen Dank für deine Zeit und diesen authentischen und tollen Einblick. Wir wünschen dir weiterhin alles Gute.
Unseren Nutzerinnen und Nutzern wünschen wir an dieser Stelle frohe Ostern.
Lehrer werden in Sachsen!
Neugierig? Egal, ob grundständig ausgebildete Lehrerin bzw. ausgebildeter Lehrer oder Seiteneinsteigerin bzw. Seiteneinsteiger: Alle Informationen zum #LehrerwerdeninSachsen gibt es auf unserer Webseite: www.lehrer-werden-in-sachsen.de.
Sachsen will bereits zum 1. Mai 2018 rund 400 Seiteneinsteiger in den sächsischen Schuldienst einstellen und qualifizieren. Erstmalig werden damit Seiteneinsteiger rechtzeitig zum Start des neuen Schuljahres 2018/2019 die Einstiegsqualifizierung abschließen und für den Unterricht zur Verfügung stehen. Ab sofort können sich am Seiteneinstieg Interessierte bewerben.
Sie ist eine von 1.134 Seiteneinsteigern an öffentlichen Schulen in Sachsen, die in den vergangenen beiden Jahren eingestellt wurden. Seit 2015 unterrichtet Sylvie Schuster an der Oberschule Clara-Zetkin in Freiberg. Mittlerweile ist sie sogar Klassenlehrerin. Bis dahin war der Weg anspruchsvoll und kräftezehrend. Aber es hat sich gelohnt. Für die Seiteneinsteigerin ist es schön zu sehen, wie ihre Schüler mit ihrer Hilfe lernen und sich weiterentwickeln. Für die neue Sonderbeilage der KLASSE »Wir sind die Neuen« sprach Eszter Bodnár mit Sylvie Schuster über Herausforderungen und Chancen des Seiteneinstiegs in den Lehrerberuf.