Jung, talentiert und engagiert: START-Stipendiaten im Interview – Teil 2

Jung, talentiert und engagiert: START-Stipendiaten im Interview – Teil 2

Mit einem dreijährigen Stipendium fördert die START-Stiftung herausragende Schülerinnen und Schüler mit Einwanderungsgeschichte. Wie sind sie zum Stipendienprogramm gekommen? Warum engagieren sie sich? Und was gefällt ihnen in Sachsen eigentlich am besten? Drei von ihnen haben es uns erzählt. Weiter geht es mit Thuy Nhi.

Hallo Thuy Nhi! Stell dich bitte kurz vor.

Hey, ich bin Thuy Nhi und 14 Jahre alt. Gebürtig bin ich deutsch, jedoch kommen meine Eltern beide aus Vietnam. Ich lebe in einer kleinen Kreisstadt, Werdau, und besuche dort das Alexander-von-Humboldt-Gymnasium in der neunten Klasse. In meiner Freizeit spiele ich gern Floorball, E-Gitarre, Klavier und singe gerne.

Wie lang bist du schon bei START dabei und wie bist du dazu gekommen?

Ich bin jetzt in meinem ersten Jahr bei START. Das heißt, dass seit circa 3 Monaten START zu meinem Leben gehört. Zu der Stiftung kam ich durch meine beiden älteren Schwestern, von der eine damals auch schon das START-Stipendium erhalten hat. Sie erzählte mir, seitdem ich in der fünften Klasse bin, von dem Stipendium und ich war schon damals überzeugt und wartete nur auf meine Zeit. Jetzt habe ich es endlich geschafft und es war jetzt schon eine meiner besten Entscheidungen.

Warum engagierst du dich?

Ich engagiere mich, weil ich etwas Gutes zu unserer Gesellschaft beitragen und unsere Zukunft mitgestalten und verändern möchte. Mein Ziel ist es dabei, unsere Welt fairer und gerechter zu machen.

Seit Jahren versuche ich mich besonders in unserer vietnamesischen Community zu engagieren und auszuhelfen, indem ich Grundschülerinnen und Grundschüler mit Migrationshintergrund Nachhilfe gebe, weil ich weiß, wie schwer die Schulzeit ohne Hilfe ist. Bei Papieren und Unterlagen versuche ich ebenfalls so gut ich kann zu helfen und bei unserem traditionellen Neujahrsfest bringe ich Leute meine Kultur mit Tanz näher zusammen. Außerdem nahm ich an dem »Zeig Dein Nein 2021!«-Wettbewerb teil, bei dem es um das Erstellen eines Videoclips gegen Diskriminierung ging. In diesem ging es um meine rassistischen Erfahrungen im Alltag. Mit diesem Video wollte ich ausdrücken, wie sehr Rassismus verletzen kann. Neben weiteren Sachen wollte ich meine Möglichkeiten für mein Engagement mit START erweitern.

Was würdest du an unsere Gesellschaft verändern wollen? Was schätzt du daran?

Ich wünsche mir für unsere Gesellschaft definitiv mehr Gerechtigkeit und Gleichberechtigung, weil ich der Meinung bin, dass unsere Welt in diesen Punkten noch sehr ausbaufähig ist, wie zum Beispiel bei der Berufswahl. Diese ist meist für Menschen mit Migrationshintergrund schwieriger, wegen der Vorurteile einiger Arbeitgeber. Wir brauchen Gerechtigkeit und Gleichberechtigung, weil dies wichtig ist, um gemeinsam friedlich zu leben.

Mit welchen Herausforderungen warst du bisher konfrontiert und wie hat dir START dabei geholfen, diese zu überwinden?

Da ich noch nicht sehr lange bei START bin, wurde ich auch noch nicht wirklich mit Herausforderungen konfrontiert. Außer eventuell das erste Kennenlernen-Treffen, bei dem ich das erste Mal allein, an einen Ort, wo ich niemanden kannte, hingereist bin. Jedoch hielt die Angst nicht lange an, weil die anderen START-Stipendiatinnen und -Stipendiaten mich mit offenen Armen empfingen. Ich fühlte mich direkt wohl und wusste direkt, dass mich eine tolle Zeit erwarten wird.

Du lebst aktuell in Werdau. Was findest du, ist typisch sächsisch? Oder typisch deutsch?

Wenn ich an Deutschland denke, gehen meine ersten Gedanken an meine Freunde. Ich bin sehr dankbar, sie zu haben und kann mir ein Leben ohne sie gar nicht vorstellen. Im Vergleich habe ich in meinem Herkunftsland keine Freunde, dafür ist jedoch meine ganze Familie in Vietnam. Leider sehe ich sie nur alle 2 Jahre. Durch die Pandemie war ich nun vier Jahre schon nicht mehr in Vietnam.

Gibt es hier einen Lieblingsplatz für dich? Was schätzt du besonders an Sachsen?

Ich würde sagen, dass ich nicht direkt an Sachsen oder Werdau hänge. Sondern eher an den Menschen in meiner Umgebung und an meinem Umfeld, wie meine Familie und meine Freunde.

Thema Schule: Hast du ein Lieblingsfach? Vielleicht sogar schon Pläne für deine (berufliche) Zukunft?

Meine Lieblingsfächer in der Schule sind Sport und Kunst. Feste Pläne für meine berufliche Zukunft habe ich noch nicht, jedoch wäre mein Traumberuf: Sängerin.

Mein nächstes Ziel, mit dem auch ein Traum in Erfüllung gehen würde, wäre ein französischsprachiges oder spanischsprachiges Auslandsjahr in La Réunion, Kanada oder in einem lateinamerikanischen Land. Dieses Auslandsjahr ist derzeit noch in Planung.

Zum Abschluss: Würdest du START weiterempfehlen? Warum?

Ich empfehle es jedem Einzelnen, der schon mal darüber nachgedacht hat, sich bei START zu bewerben. Ich bin überglücklich, diese Entscheidung getroffen zu haben und ich hätte so vieles verpasst, hätte ich mich nicht beworben.

In den drei Monaten habe ich schon sehr viel erlebt, eine Menge neue Menschen kennengelernt und unvergessliche Erfahrungen gesammelt. Von der ersten Sekunde an habe ich mich wohl und geborgen gefühlt. Zudem war START für mich, wie mein Startschuss, denn ich fing an mit Klavier- und E-Gitarrenunterricht (vorher spielte ich nur für mich) und hatte viel Motivation für die Schule.

Meiner Meinung nach solltest du dich für START bewerben. Allein der Bewerbungsprozess war schon eine einmalige Erfahrung.

Das START-Stipendium

START ist ein Bildungs- und Engagementprogramm für Jugendliche mit Migrationserfahrung. Über drei Jahre fördert und begleitet die START-Stiftung die Heranwachsenden dabei, Verantwortung für eine lebendige Demokratie und gesellschaftlichen Zusammenhalt zu übernehmen. Auf dem Weg zu ihrem Schulabschluss erwarten die Stipendiatinnen und Stipendiaten Workshops, Akademien, Ausflüge, erlebnispädagogische Angebote und ein digitaler Campus. Am Ende des Programms steht ein eigenes gemeinnütziges Projekt, das jede und jeder Jugendliche während des Stipendiums selbst entwickelt und umgesetzt hat. Zusätzlich erhalten alle Teilnehmenden jährlich 1.000 Euro Bildungsgeld. Die Einwanderungsgeschichte der Jugendlichen sieht START dabei als wertvolle Ressource für eine lebendige Demokratie.

Mit Partnern aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft ist START deutschlandweit tätig. Aktuell werden von START rund 675 junge Menschen aus mehr als 50 Herkunftsnationen gefördert. Acht Jugendliche aus Sachsen wurden in diesem Jahr neu in das Programm aufgenommen. Weitere Informationen unter gibt es unter: www.start-stiftung.de.

Beitrag »Jung, talentiert und engagiert: START-Stipendiaten im Interview – Teil 1«

Lynn Winkler, Redakteurin für Social Media in der Pressestelle des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus

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