„Meine Zeit soll jetzt der Familie gehören.“

„Meine Zeit soll jetzt der Familie gehören.“

Nach fünfeinhalb Jahren Amtszeit tritt Sachsens Kultusministerin Brunhild Kurth heute zurück. Über die Gründe für diesen Schritt sprachen wir mit der Kultusministerin.

Frau Kurth, mit dem heutigen Tag scheiden Sie aus dem Amt als Kultusministerin aus. Das kommt überraschend, noch dazu in einer schwierigen Zeit. Werfen Sie hin?

Brunhild Kurth
Foto: Robert Michael

Brunhild Kurth: Nein, wer mich kennt, weiß, dass ich so nicht bin. Ich werfe nicht hin und gehe auch nicht im Groll, falls Sie das meinen. Ich stelle mich meinen Aufgaben und wenn die Zeiten schwierig sind, dann stürze ich mich umso mehr in meine Arbeit. Aber jetzt ist es für mich Zeit zu gehen. Es sind allein persönliche Gründe, die mich zu diesem Schritt bewegen.

Das müssen Sie erklären.

Wenn Sie so wollen, folge ich einer persönlichen Lebensplanung. Als mich Ministerpräsident Stanislaw Tillich im November 2014 fragte, ob ich auch dem neuen Kabinett als Kultusministerin zur Verfügung stehen würde, sagte ich ihm gern zu. Allerdings erklärte ich ihm schon damals, dass ich nicht vorhätte, bis zum Ende der Legislaturperiode zu bleiben. Nach der Hälfte müsse für mich Schluss sein.

Warum?

Ab einem bestimmten Alter sollte man sich fragen, wie man seinen Lebensabend verbringen möchte. Zumindest gilt das für mich. Ich bin jetzt 63. Mir war immer klar, dass ich ab einem bestimmten Zeitpunkt für meine Familie da sein möchte. Meine Familie hat mich über viele Jahre getragen, unterstützt und mir den Rücken freigehalten. Nun ist mein Mann in diesem Jahr in den Ruhestand getreten. Meine Eltern sind mittlerweile hochbetagt. Meine Zeit soll jetzt ihnen gehören und nicht mehr dem öffentlichen Amt. Ich will aber auch nicht verschweigen, dass ich mich besonders darauf freue, mehr Zeit mit meiner Enkeltochter zu verbringen.

Aber Ihre Enkelin lebt mit ihren Eltern in Stuttgart.

Richtig, deshalb werden wir unseren Lebensmittelpunkt von Burgstädt nach Stuttgart verlagern. Mein Mann und ich sind schon seit längerer Zeit damit beschäftigt, den Umzug zu organisieren. Auch für meine Eltern ist gesorgt. Im Herbst zieht die Familie Kurth komplett nach Baden – Württemberg.

Sie planten, zur Hälfte der Legislaturperiode aus dem Amt zu scheiden. Die ist nun seit einigen Monaten verstrichen. Was hat Sie bewogen, doch länger zu bleiben?

In der Tat wollte ich eigentlich in diesem Frühjahr, unmittelbar nach der Verabschiedung des neuen Schulgesetzes, aus dem Amt scheiden. Doch die Kultusverwaltung stand in Vorbereitung eines sehr schwierigen Schuljahres, vielleicht eines der bisher schwierigsten überhaupt. Es wäre schlichtweg verantwortungslos gewesen, wenn ich diesen Prozess mit meinem Rücktritt torpediert hätte.

Aber der Tanker, das sächsische Schulsystem, befindet sich immer noch in rauer See. Können Sie verstehen, wenn man Ihnen jetzt vorwirft, sich aus der Verantwortung zu stehlen?

Mit diesem Vorwurf muss ich leben. Rücktritte kommen immer zur Unzeit. Die See war im Übrigen in all den fünfeinhalb Jahren meiner Amtszeit rau. Aber wir konnten in den vergangenen Jahren grundlegende Weichen stellen, die versprechen, dass es in zwei, drei Jahren ruhiger wird. Und wenn ich sage ‚wir‘, dann meine ich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kultusverwaltung. Ohne ein gut aufgestelltes Haus, ohne die Arbeit und die fachliche Expertise der Kultusmitarbeiter ist eine Ministerin nichts, hätten wir all das nicht erreicht. Dafür bin ich den Kolleginnen und Kollegen unendlich dankbar.

Welche grundlegenden Weichenstellungen versprechen mittelfristig Ruhe?

Absolute Ruhe wird es im Bildungsbereich nie geben. Unruhe ist der Schulpolitik eigen. Das ist in jedem Bundesland so. Aber drei Weichenstellungen will ich nennen. Der einst geplante Abbau der Lehrerstellen konnte gestoppt werden. Der Haushalt setzt uns für die Lehrereinstellungen keine Grenzen mehr, jetzt ist es der Lehrerarbeitsmarkt. Das ist die bittere Ironie der Geschichte. Wir haben ein Gesetz verabschiedet, das den Schulen in freier Trägerschaft einen verlässlichen Rahmen bietet, sich frei entwickeln zu können. Und schließlich das Schulgesetz. Über viele Jahre scheute man dieses große Gesetzesvorhaben, weil man befürchtete, die Büchse der Pandora zu öffnen. Nun haben wir ein modernes Schulgesetz für öffentliche Schulen. Darüber bin ich sehr froh.

Welchen Rat geben Sie der Person, die Ihnen folgt als Kultusminister?

Es steht mir nicht zu, öffentlich Ratschläge zu erteilen. Wer auch immer mir folgen wird, muss seinen eigenen Weg finden.

Frau Kurth, wir danken Ihnen für das Gespräch und wünschen Ihnen alles Gute.

Das Gespräch führte Dirk Reelfs

 

 

Lesehinweis: „Wegmarken von Kultusministerin Kurth“ im SMK-Blog.

 

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Dirk Reelfs, Pressesprecher im Sächsischen Staatsministerium für Kultus

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  1. […] Das dürfte nach unserem Kenntnisstand ein Novum in der Politik sein: Sachsens Kultusministerin Brunhild Kurth hat heute ihren Rücktritt verkündet – über das Blog des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus. […]