Inzidenzen – wie sie berechnet werden und was man nicht machen sollte

Inzidenzen – wie sie berechnet werden und was man nicht machen sollte

Immer wieder tauchen in digitalen Netzwerken selbst errechnete Inzidenzen zu Schülern und Lehrern auf. Ist das sachgerecht? Wir haben Sachsens Gesundheitsministerium gefragt.

Coronatest

Foto: Adobe Stock – scaliger

Man kann die Uhr danach stellen. Sobald Infektionszahlen von Lehrkräften oder Schülerinnen und Schüler veröffentlicht werden, tauchen in den vermeintlich sozialen Netzwerken von den Usern selbst errechnete Inzidenzen auf. So geschehen, als wir im Blog die Ergebnisse aus den Untersuchungen der Abschlussklassen veröffentlichten. Aus einer mit Antigen-Schnelltest festgestellten Infektionsrate von 0,2 Prozent für Schüler und 0,4 für Lehrer wurden Inzidenzen von 200 und 400 errechnet. Kann man das so machen? Wir haben Sachsens Gesundheitsministerium gefragt und die Antwort fiel eindeutig aus: Nein. Doch der Reihe nach.

Inzidenz und Prävalenz

Grundsätzlich beschreibt die Inzidenz die Zahl der Neuerkrankungen in einer bestimmten Zeitspanne bezogen auf eine Personengruppe (zumeist 100.000 Einwohner). Die Reihenuntersuchungen bei Schülern und Lehrern ermöglichen hingegen keine Inzidenzberechnung sondern allenfalls eine Prävalenzberechnung, so das Gesundheitsministerium. Unter einer Prävalenz versteht man die Rate der zu einem bestimmten Zeitpunkt oder in einem bestimmten Zeitabschnitt an einer bestimmten Krankheit Erkrankten im Vergleich zur Zahl der Untersuchten. Die Prävalenz gibt Aufschluss über bestehende Fälle, die Inzidenz hingegen über neu auftretende Fälle. Prävalenz und Inzidenz seien also grundsätzlich zwei völlig verschiedene epidemiologische Bewertungen und dürften nicht verwechselt werden, so Sachsens Gesundheitsministerium.

Wie die Inzidenz berechnet wird

Die Berechnung der 7-Tages-Inzidenz erfolgt folgendermaßen: Die Berechnung der täglichen „kumulativen 7 Tage-Inzidenz“ ergibt sich aus der Summe der gemeldeten Nachweise der letzten 7 Tage vor Meldedatum pro 100.000 Einwohner. Oder anders: Für den Tag „x“ werden alle gemeldeten Neuinfektionen der jeweils (davor) zurückliegenden sieben Tage addiert. Die Summe wird durch die Einwohnerzahl des Kreises geteilt. Danach wird dieser Wert mit 100.000 multipliziert.

Berechnungsgrundlage sind hierfür (wie für alle Inzidenzberechnungen im Rahmen der epidemiologischen Berichterstattung und Auswertung) die Bevölkerungszahlen der Landkreise veröffentlicht durch das Statistische Landesamt (Stand 31.12.2019).

Inzidenzen auf Bevölkerungsgruppen sind willkürlich

Wichtig ist, dass alle Inzidenzberechnungen im Rahmen der epidemiologischen Berichterstattung und Auswertung sich immer auf die Einwohnerzahl beziehen und dabei das Infektionsgeschehen während einer Zeitspanne (7 Tage) berücksichtigen.

Inzidenzberichterstattungen sind somit keine Momentaufnahmen für eine Testung einer Bevölkerungsgruppe wie für Schüler oder Lehrer. Sie beschreiben vielmehr eine Entwicklung über einen festgelegten Zeitraum und eine statistisch feststehende Bevölkerungsgröße. Alle anderen Berechnungen seien willkürlich und damit ohne Aussage, stellt das Gesundheitsministerium klar. Die Zahlen würden nicht ohne Grund auf 100.000 Einwohner bezogen, statt auf die Gesamtzahl (100 Prozent) einer Gruppe (Schüler), weil sie sonst statistisch ungenau und damit nicht repräsentativ seien.

Dirk Reelfs, Pressesprecher im Sächsischen Staatsministerium für Kultus

2 Kommentare

  1. Uwe Dulz 3 Jahren vor

    Selbstverständlich ist es abenteuerlich, eine „Inzidenz“ auf der Grundlage dieser Testergebnisse zu errechnen. Es ist aber auch abenteuerlich, die Sicherheit und gesundheitliche Unversehrtheit von tausenden Kindern, Jugendlichen, Lehrern und Erziehern auf pauschalen Behauptungen zu basieren, die jeder, der in der Schule im Biologieunterricht beim Thema Viren nicht gerade Kreide holen war, als kompletten Blödsinn erkennen kann. Als ob ein Virus zwischen Kindern und Erwachsenen unterscheidet …
    Aber genau derartiges Handeln und auch der von mir bereits kritisierte Ton dieses Blogs (warum müssen Sie denn von „sogenannten“ sozialen Medien sprechen?) führen zu überzogener Kritik.
    Erlaubt sein darf aber, ein einfaches Verhältnis zu errechnen – das haben Sie ja bereits getan. Sie sprechen also von 0,2 Prozent bei Schülern bzw. 0,4 Prozent bei Lehrern (positiv getestet). Das sind also 2 bzw. 4 Infizierte von tausend Personen. Der Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge hat Stand heute 541 positiv getestete Personen bei 245.586 Einwohnern. Das entspricht etwas mehr als 0,2 Prozent und führt dazu, dass wir unser Haus nur in begründeten Fällen verlassen, nur zwei Personen treffen und uns nicht weiter als 15 km vom Wohnort entfernen dürfen, ganz zu schweigen von Einschränkungen beim Einkaufen und beim unserer unternehmerischen Tätigkeit. Aber bei Schulen wird dann behauptet, das wäre ja alles nicht so schlimm, obwohl sich dort auf vergleichsweise engem Raum hunderte Menschen aufhalten müssen. Da stimmt die Verhältnismäßigkeit nicht, und das treibt die Menschen um und treibt eben auch unerwünschte Blüten.
    Die Politik und auch Sie bestimmen den Ton mit, und leider lagen Sie da seit fast einem Jahr häufig falsch. Versuchen Sie es doch mal mit mehr Sachlichkeit, weniger Schönreden und im Ministerium mit besserem Zuhören. Es geht hier nicht darum, um jeden Preis Recht zu haben – es geht um Gesundheit und Zukunft unserer Kinder. Mir persönlich fehlt da seit fast einem Jahr Augenmaß, Pragmatik und Gestaltungsbereitschaft seitens des Ministeriums.

  2. T. Land 3 Jahren vor

    Ob Inzidenzen pro 100.000 oder pro 100 angegeben werden, hat erstmal gar nichts damit zu tun, wie „ungenau“ oder „repräsentativ“ sie sind. Die Zahlen pro 100 sind lediglich um den Faktor 1000 niedriger und wirken deshalb auf viele harmloser. Deshalb sind sie im Zusammenhang mit Covid 19 in der Wissenschaft auch sehr umstritten.

    Inzidenzen von Bevölkerungsgruppen können sehr wohl sinnvoll sein und werden angegeben, beispielsweise die Inzidenzen nach Altersgruppen (RKI).

    Sie erwecken den Eindruck, dass Inzidenz und Prävalenz nichts miteinander zu tun hätten. Das ist falsch. Der Zusammenhang besteht durch die durchschnittliche Dauer, die ein Patient positiv ist.

    Wen im Gesundheitsministerium haben Sie gefragt? Einen Statistiker? Einen Virologen?

    Man soll also einfach den Überschriften glauben. Selbst rechnen ist verboten. Hier ist aber nichts „sehr gering“.