Im Vergleich zum Vorjahr fällt die Unterrichtsversorgung in diesem Schuljahr trotz ergriffener Maßnahmen schlechter aus. Das geht aus den sogenannten Kenndaten hervor, die heute an den Schulausschuss des Sächsischen Landtages gegangen sind.
Alle öffentlichen Schulen müssen mehrere Wochen nach Start des Schuljahres zu einem bestimmten Stichtag eine Vielzahl von Daten erheben und der Kultusverwaltung anschließend melden. Die daraus nach Schulart und Region summierten Kenndaten geben unter anderem Aufschluss über die Klassengrößen, die Zahl der Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte und Assistenzkräfte. Aus den vorhandenen Personalressourcen und den Vorgaben für die Klassenbildung ergeben sich wiederum die Daten für die Unterrichtsversorgung.
Nach den Kenndaten zum laufenden Schuljahr 2024/205 bleibt die Unterrichtsversorgung regional und auf die Schularten bezogen unterschiedlich angespannt. Die Bedarfsabdeckung im sogenannten Grundbereich (Stundentafeln) ist über alle Schularten von 96 Prozent im vergangenen Schuljahr um einen Prozentpunkt gesunken. Bis auf die Grundschulen hat sich die Unterrichtsversorgung in allen Schularten verschlechtert (s. Tabelle 1 und 2). Besonders prekär ist die Situation an Oberschulen und Förderschulen. Hauptursachen sind unter anderem weiter steigende Schülerzahlen und der deutschlandweite Mangel an Lehrkräften auf dem Arbeitsmarkt bei gleichzeitig sinkendem Arbeitsvermögen aller sächsischen Lehrkräfte.
Tabelle 1: Absicherung Grundbereich (Stundentafeln)
Schulart | Schuljahr 2023/2024 | Schuljahr 2024/2025 | Veränderung zum Vorjahr |
Grundschule | 98,7 % | 98,7 % | 0 % |
Oberschule | 92,3 % | 89,5 % | -2,9 % |
Gymnasium | 97,9 % | 97,3 % | -0,7 % |
Förderschule | 90,2 % | 88,8 % | -1,5 % |
Berufsbildende Schule | 97,2 % | 96,6 % | -0,6 % |
Gemeinschaftsschule | 101,5 % | 102,1 % | 0,6 % |
Tabelle 2: Absicherung Ergänzungsbereich (z.B. Bildungsprojekte, Förderstunden)
Schulart | Schuljahr 2023/2024 | Schuljahr 2024/2025 | Veränderung zum Vorjahr |
Grundschule | 149 % | 145 % | -4 % |
Oberschule | 119 % | 137 % | 18 % |
Gymnasium | 89 % | 73 % | -17 % |
Förderschule | 319 % | 386 % | 67 % |
Berufsbildende Schule | 79 % | 83 % | 4 % |
Gemeinschaftsschule | 247 % | 246 % | -1 % |
»Insgesamt ist es noch nicht gelungen, die für die vollständige Absicherung der Stundentafeln notwendigen Lehrerressourcen für alle Schularten bereitzustellen. Wir müssen dringend die Unterrichtsversorgung verbessern und mehr Lehrkräfte vor die Klassen bringen«, so Kultusminister Conrad Clemens.
Um den Grundbereich vollständig abdecken zu können, fehlen in diesem Schuljahr 1.378 grundständig ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer. Im Schuljahr zuvor fehlten 1.086 Vollzeitarbeitskräfte. Rechnet man die ausgereichten Schulbudgets, mit denen sich Schulen Personal selbstständig einkaufen können und die Assistenzkräfte mit Einsatzmöglichkeit im Ergänzungsbereich hinzu, schrumpft die Lücke auf 1.066 fehlende Lehrkräfte (Vorjahr 811 Lehrkräfte), um den Bedarf vollständig abzusichern.
Fakten aus den Kenndaten
Mehr Lehrer eingestellt als ausgeschieden sind
Genau 35.079 Lehrkräfte und sonstige pädagogische Fachkräfte sind im Schuljahr 2024/2025 an öffentlichen Schulen tätig. Das bedeutet gegenüber dem Vorjahr ein Plus von 158 Personen.
Mehr Unterstützung an Schulen
Ein Zuwachs von 100 Assistenzkräften, 170 Pädagogischen Fachkräften im Unterricht und mehr Schulbudget schaffen an den Schulen Entlastung für die Lehrkräfte und sichern zusätzliche Angebote im sogenannten Ergänzungsbereich. Insgesamt arbeiten im laufenden Schuljahr 1.023 Assistenzkräfte an Sachsens öffentlichen Schulen.
Effiziente Klassenbildung
Um die vorhandenen Lehrerressourcen so effektiv wie möglich einzusetzen, wurden in Vorbereitung des aktuellen Schuljahres die Klassen weiter mit hoher Schülerzahl geplant. In den Grundschulen sank die Klassengröße schülerzahlbedingt von 21,6 auf 21,4. Bei allen anderen Schularten wurde der hohe Wert des Vorjahres beibehalten (Oberschulen 24,3; Gymnasien 23,9; Förderschulen 9,8; Gemeinschaftsschulen 28,0; Berufsbildende Schulen 19,3).
Schülerzahl gestiegen
Gegenüber dem Vorjahr hat die Gesamtschülerzahl um 4.311 auf 439.871 Schülerinnen und Schüler zugenommen Einzige Ausnahme unter den Schularten: In den Grundschulen beginnt bereits der demografische Wandel. Hier ging die Schülerzahl um 424 auf 141.386 Schülerinnen und Schüler zurück. Im aktuellen Schuljahr gehen 107.666 Schülerinnen und Schüler auf Oberschulen (plus 1.620 Schüler gegenüber Vorjahr), 98.509 auf Gymnasien (plus 1.589), 70.581 auf berufsbildende Schulen (plus 614) und 18.437 besuchen Förderschulen (plus 179). 1.921 Schülerinnen und Schüler gehen auf sogenannte §63d-Schulen und 1.371 besuchen die zwei öffentlichen Gemeinschaftsschulen.
Die Zahl der inklusiv unterrichteten Schülerinnen und Schüler stieg um 678 auf 12.049.
Sinkendes Arbeitsvermögen
Nicht alle Lehrkräfte stehen für den Unterricht voll zur Verfügung. Betrug der Anteil der in Teilzeit arbeitenden Lehrkräfte im vergangenen Jahr 34,9 Prozent, stieg er in diesem Jahr auf 35,9 Prozent. Durch die in Teilzeit arbeitenden Lehrkräfte und weitere Anrechnungstatbestände*), wie zum Beispiel Altersermäßigungen, ist das durchschnittliche Arbeitsvermögen aller Lehrkräfte von 91,3 auf 90,9 Prozent gesunken. Dadurch entsteht ein Verlust an Arbeitsvermögen von rund 2.900 Vollzeitäquivalenten (Vorjahr 2.500), das für die Unterrichtsabsicherung nicht zur Verfügung steht.
Fünf neue Schulen und keine Schulschließung
Im laufenden Schuljahr 2024/2025 gibt es im Freistaat Sachsen insgesamt 1.386 öffentliche Schulen, davon sind 752 Grundschulen, 289 Oberschulen (+2), 142 Gymnasien (+2), 137 Förderschulen (+1), 60 Berufsschulzentren, drei §63d-Schulen und ein Schulversuch sowie zwei Gemeinschaftsschulen.
*) Anrechnungstatbestände sind zum Beispiel:
K6/K9-Ermäßigung: Lehrkräften, die an allgemeinbildenden Gymnasien in der Sekundarstufe II sechs Unterrichtsstunden geben, wird die Unterrichtsverpflichtung (Regelstundenmaß) um eine Stunde gemindert, bei neun Unterrichtsstunden um zwei Stunden.
Altersermäßigung: Das Regelstundenmaß der vollzeitbeschäftigten Lehrkräfte aller Schularten ermäßigt sich zu Beginn des Schulhalbjahres, wenn sie das 58. Lebensjahr vollenden, um eine Wochenstunde, wenn sie das 60. Lebensjahr vollenden, um zwei Wochenstunden und um drei mit Vollendung des 61. Lebensjahres.
Weitere Ermäßigungen gibt es u.a. für Koordinationstätigkeiten, Fachberatung.
Die „Alten“, welche sich ausgepowert in Teilzeit flüchten, sind in Sachsen nicht verbeamtet. Bei Langzeiterkrankung infolge physischer und psychischer Erschöpfung endet die Lohnfortzahlung nach 6 Wochen.
Der Vollständigkeit halber sei bei den Ursachen des Lehrermangels die verschobene Altersstruktur der sächsischen Lehrerschaft benannt. Uns fehlt eine ganze mittlere Generation, die Alten und Jungen gehen lieber auf Teilzeit, entweder weil sie ausgepowert sind oder eigene Kinder/Familie haben. Beides sehr verständlich. So ein Beamtengehalt reicht auch zur Hälfte und kurz vor der Pension geht man nochmal kurz Vollzeit arbeiten. Dies ist einer der Nachteile der erfolgten Verbeamtung.
Wir haben im letzten Jahr zwar mehr Lehrer eingestellt als gleichzeitig ausgeschieden sind, bei einer gesünderen Altersstruktur wären die Effekte aber deutlicher.