Flexibles Unterrichten in multifunktionalen Klassenräumen: Modellprojekt erprobt innovative Ansätze für inklusive Klassenräume
Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf besser integrieren: Wie muss ein Klassenraum an einer Grundschule gestaltet sein, um verschiedenen Unterrichtskontexten, Fächern und Arbeitsphasen gerecht zu werden und gleichzeitig personalisiertes Lernen zu ermöglichen? Das untersucht das Modellprojekt »Lehr-Lern-Raum Inklusion Transfer (LLR Transfer)«.
Seit 2019 existiert am Zentrum für Lehrerbildung, Schul- und Berufsbildungsforschung (ZLSB) der Technischen Universität Dresden das Modellprojekt »Lehr-Lern-Raum Inklusion«. In Zusammenarbeit mit Lehrkräften wurden aktuelle Befunde und Konzepte der Bildungsforschung umgesetzt, um einen multifunktionalen Klassenraum mit modernen didaktischen Materialien zu entwickeln. Entstanden ist ein Raum, der alternative Tischkonstellationen ermöglicht, Rückzugsorte bietet, assistive Technik vielseitig einsetzt und inklusive Materialien zum Testen bereitstellt. Zum Einsatz kommen beispielsweise: multiple Präsentationsflächen für eine bessere Sicht von überall, eine Soundsäule und ein Klassensatz kabelloser Kopfhörer, LED-Tischlampen als alternative Meldesysteme und »Gefühlsmonsterkarten«, die den Kindern das Sprechen über ihre Emotionen erleichtern sollen.
Lehramtsstudierende und Lehrkräfte gehen in Seminaren und Weiterbildungsveranstaltungen im »Lehr-Lern-Raum Inklusion« der Frage nach, wie mithilfe der alternativen Konzeption des Klassenraumes das Unterrichtssetting besser an individuelle Bedürfnisse angepasst und so das gemeinsame Unterrichten von Lernenden mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf bestmöglich gestaltet werden kann.
Das Kultusministerium fördert seit Ende Juni 2024 bis Dezember 2026 das Modellprojekt »Lehr-Lern-Raum Inklusion Transfer (LLR Transfer)«. In dem Projekt, das schulische Inklusion weiter voranbringen soll, wird das Konzept des multifunktionalen Klassenraumes des ZLSB unter Leitung von Tina Czaja und Dr. Frank Beier von der Technischen Universität Dresden in Zusammenarbeit mit Schulleitung und Lehrkräften an die 117. Grundschule Dresden transferiert.
Ziel ist es, einen Klassenraum an der Grundschule zu entwickeln, der sowohl auf die unterschiedlichen Anforderungen der pädagogischen Arbeit als auch die individuellen Lernbedürfnisse anpassbar ist. Dafür sollen zum Beispiel digitale Medien in den Blick genommen werden. Zugleich soll ein Ort geschaffen werden, an dem sich alle Kinder wohlfühlen und einbringen können. Außerdem wird untersucht, wie Lerninhalte akustisch und optisch bestmöglich vermittelt werden können. Welche Voraussetzungen muss ein Klassenraum erfüllen, um soziale Austauschprozesse und individuelle Rückzugsräume zu ermöglichen, trotz ganzheitlicher Unterrichtsangebote? Auch auf diese Fragen soll das Raumkonzept, das in Kooperation mit dem Amt für Schulen der Stadt Dresden umgesetzt wird, Antworten geben.
Was passiert mit den Ergebnissen?
Bestandteil des Projekts ist es auch, förderliche und hinderliche Gestaltungsaspekte zu identifizieren. Im Sinne des partizipativen Forschungsansatzes werden gemeinsam mit der Schulleitung, Lehrkräften und den Lernenden selbst Designprinzipien für einen inklusiven Klassenraum entwickelt und mithilfe einer komplexen Videostudie evaluiert. Das Kultusministerium wird daraus eine Handreichung für Lehrkräfte ableiten, die räumliche Potenziale für das inklusive Beschulen von Lernenden mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf herausarbeitet.
Noch Fragen?
Tina Czaja
Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Technischen Universität Dresden
Zentrum für Lehrerbildung, Schul- und Berufsbildungsforschung (ZLSB)
tina.czaja@tu-dresden.de
+49 (351) 463 32453
Dr. Frank Beier
Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Technischen Universität Dresden
Professur für Allgemeine Didaktik und Empirische Unterrichtsforschung
frank.beier1@tu-dresden.de
+49 (351) 463 32979
Text: Tina Czaja
Fotos: ZLSB
3 Kommentare
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Wenn ich so etwas lese, schlagen zwei Herzen in meiner Brust:
Einerseits freue ich mich, dass nun wohl auch in Sachsen angekommen ist, dass der Raum an sich wichtige Funktionen übernimmt. Schön, dass die TU voranschreitet.
Andererseits ist die Vorstellung praktisch nicht umsetzbar, weil an der Entscheidungsstelle Menschen sitzen, denen es nicht um die Lernenden geht, die monetäre Gründe vorschieben und innovative Ideen mit der Aussage „Das machen wir schon immer so.“ abkanzeln. Ja, die eine Grundschule wird jetzt ausgestattet und für alle die anderen Schulen – nicht nur Grundschulen – ist dann kein Geld mehr da.
Ich lasse mich gern eines Besseren belehren, die Erfahrung ist jedoch diese: Das Arbeiten mit den verantwortlichen Personen in den Ämtern und Behörden ist müßig, kraftraubend, frustrierend und nicht sinnstiftend.
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Autor
Liebe Frau N.,
vielen Dank für Ihre Rückmeldung und Bekräftigung des Vorhabens. Gern dazu beachten: Das Modellprojekt dient nicht der Ausstattung einer Schule. Vielmehr soll an der 117. Grundschule durch den Einsatz unterschiedlicher Materialien, Möbel und Technik modellhaft ein Klassenraum entwickelt werden, der sowohl auf die unterschiedlichen Anforderungen der pädagogischen Arbeit als auch die individuellen Lernbedürfnisse der Schülerinnen und Schüler anpassbar ist. Die Forschungsergebnisse werden nach Abschluss der Maßnahme – in Form einer Publikation – allen sächsischen Schulen zur Verfügung gestellt, wodurch zum einen jede Schule perspektivisch vom Modellprojekt profitiert, zum anderen wertvolle Hinweise zur Optimierung der Raumgestaltung von jeder Einrichtung in Eigenverantwortung aufgenommen und umgesetzt werden können.
Herzliche Grüße
Lynn Winkler
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Das ist eine tolle und wichtige Sache!!! Hoffen wir, dass es bald praktische Wirklichkeit wird. LG 🙂