»Wer Genderzeichen verwendet, baut zusätzliche sprachliche Hürden auf.«

»Wer Genderzeichen verwendet, baut zusätzliche sprachliche Hürden auf.«

Sachsens Kultusminister Christian Piwarz hat heute vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) Bezirk Sachsen als erster Preisträger den neu geschaffenen »Un-Gleichstellungspreis« bekommen. In einer kurzen Erwiderung ging der Kultusminister auf die Verleihung des Negativpreises ein.

Mit dem Negativpreis möchte der DGB auf Sachverhalte hinweisen, die seiner Ansicht nach gegen die Gleichstellung und Inklusion am Arbeitsplatz wirken. Grund für die Preisverleihung an den Kultusminister ist der Umstand, dass Sachsen auf die Einhaltung der deutschen Rechtschreibregeln pocht, was vom DGB als »Genderverbot« verstanden wird.

Wir geben die Erwiderung des Kultusministers anlässlich der Preisverleihung im Wortlaut wider.

– Es gilt das gesprochene Wort –

»Vor vier Tagen erreichte mich die Einladung zur heutigen Preisverleihung im Rahmen des Frauenpolitischen Abends des DGB Sachsen. Das ist sportlich – gerade eine Woche vor der Landtagswahl, in der es um Sachsen und unsere Zukunft geht! Aber die Initiatoren wissen ja, wie wichtig mir das gute Miteinander und der konstruktive – ja auch kritische – Austausch ist.

Heute geht es Ihnen nicht um das Zukunftsthema Bildung oder gute Rahmenbedingungen für die Beschäftigten. Heute geht es Ihnen um ein anderes wichtiges Thema: Gleichstellung bzw. Ungleichstellung.

»Praktizierte Ungleichheit und Diskriminierung soll der Negativ-Preis sichtbar machen, um damit auch für mehr Gleichstellung einzutreten.«

Worin bestehen diese Ungleichheiten und Diskriminierungen? Das bringen Sie, Frau Kolbe, in der Preis-Ausschreibung vom 7. Juli 2024 trefflich auf den Punkt:

»niedrigere Löhne von Frauen,
mehr Teilzeitjobs,
weniger weibliche Führungskräfte,
sexuelle Übergriffe und Mobbing
gegenüber Frauen.«

»Jeglicher Diskriminierung und Ungleichheit – nicht nur aufgrund des Geschlechts – sowie sexuelle und psychische Gewalt müssen wir in allen Lebensbereichen entgegentreten. Hier sind wir alle gefordert, in unserem Umfeld aktiv zu werden: Frauen gezielt zu fördern, zu unterstützen und zu schützen. Hier stehe ich fest an Ihrer Seite! Und ich hätte mich über Ihre Einladung zu einem konstruktiven Dialog zu ganz konkretem, wirksamen Handeln gefreut.

Angesichts der beschriebenen Problemlagen bleibt es jedem selbst überlassen, zu bewerten, welches Ziel die heutige Verleihung des Negativpreises für Gleichstellung an mich hat. Ein Preis, der erstmals heute verliehen wird.

Immerhin acht Einsender haben mich vorgeschlagen, vor 14 Tagen hat die Jury entschieden und acht Tage später wurde die Einladung versandt. Zum Glück ist die Post in Dresden noch schnell – sonst hätte ich womöglich von der Verleihung aus der Zeitung erfahren.

Dabei nehme ich die Einladung, mich persönlich zu äußern, doch sehr gern an. Ich finde es wichtig, über dieses Thema zu sprechen. Und es ist wichtig, das eigene Handeln regelmäßig zu reflektieren – das gilt für mich, wie für uns alle.

Was also habe ich als Kultusminister genau getan: Ich fordere ein, dass an den sächsischen Schulen die Regeln der Deutschen Rechtschreibung gelten. Nicht mehr, aber eben auch nicht weniger.

Die Sprache, die in Wort und Schrift verwendet und vermittelt wird, muss klar verständlich und respektvoll sein. Das heißt auch: geschlechtergerecht und geschlechtersensibel. Das heißt nicht: willkürlich auf der Tastatur gefundene Sonderzeichen.

Und genau darauf sollen Schulleitungen und Lehrkräfte achten. Sie sollen Schülerinnen und Schüler für eine geschlechtergerechte Sprache sensibilisieren. Dazu wurden sie im Rahmen der Vorbereitung für das Schuljahr 2021/2022 per Schreiben aufgefordert.

Dieses Schreiben gibt mit ganz konkretem Beispiel Orientierung, um, ich darf zitieren:

»… die Kolleginnen und Kollegen sowie die Schülerinnen und Schülern in geeigneter Form für die Thematik der geschlechtergerechten Sprache in der schulischen Kommunikation sowie deren normgerechte sprachliche Umsetzung zu sensibilisieren.«

Dabei geht es nicht darum, dass die überwiegende Mehrheit der Menschen in unserem Land das Gendern ablehnt. Fakt ist doch: Gender-Zeichen sind nicht alltagstauglich. In der Schule erschweren sie vor allem das Erlernen unserer Sprache. Wie oft sprechen wir darüber, dass Inklusion wichtig ist und dass wir mehr für die soziale Teilhabe von Menschen tun müssen, die über geringere Sprachkompetenzen verfügen? Wer Genderzeichen verwendet, baut zusätzliche sprachliche Hürden auf.

Deshalb thematisieren wir im Schulleiterschreiben die Verwendung einer diskriminierungsfreien Sprache gegenüber Menschen mit individuell empfundenen Geschlechtsidentitäten und verweisen auf normgerechte sprachliche Alternativen.

Den anschließenden Absatz möchte wörtlich zitieren: »Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern den Gebrauch und die Wirkung verschiedener geschlechtergerechter Sprachformen zu untersuchen und zu reflektieren.

Wenngleich der Deutschunterricht bei der Ausbildung von vertiefter Sprachkompetenz und Sprachbewusstsein hier eine Vorreiterrolle einnimmt, sollte das Gesamtthema Geschlechtergerechtigkeit sowohl inhaltlich als auch hinsichtlich der normgerechten sprachlichen Umsetzung im Schulalltag und im Unterricht aller Fächer Berücksichtigung finden.«

In der Verwaltung und an den Schulen gilt das amtliche Regelwerk des Rates für deutsche Rechtschreibung. Diese sehen keine Genderzeichen vor. Nach diesen Regeln lernen unsere Schülerinnen und Schüler die deutsche Rechtschreibung. Und nach diesen Regeln erfolgt selbstverständlich auch die Benotung.

Dass ein Kultusminister einen Negativpreis bekommt, weil er auf die Einhaltung von Rechtschreibregeln pocht, spricht Bände für die Beweggründe der Auszeichnenden und weniger für den Ausgezeichneten. Dieser Logik folgend bekomme ich bald auch einen Negativpreis, weil ich mich an die Verkehrsregeln halte. Insofern nehme ich diese Ehrung dankbar entgegen. So kann ich zumindest meinen Enkelkindern einmal nachweisen, dass ich als Kultusminister meinen Job gemacht habe.  Besonders wichtig ist mir die Vermittlung der basalen Kompetenzen zu stärken – gerade die Kompetenz »richtig zu schreiben«.

Dirk Reelfs, Pressesprecher im Sächsischen Staatsministerium für Kultus

2 Kommentare

  1. Heike 2 Wochen vor

    Sehr klare Worte. Vielen Dank. Die deutsche Rechtschreibung ist Grundlage unserer Kommunikation und muss zwingend gestärkt und erhalten bleiben.

  2. Jörn Hendrik Bohn 2 Wochen vor

    Letztendlich spielen die Genderuzeichen in der Schule kaum eine Rolle. Witzigerweise dürfte man nun auch Top-Unterrichtsmaterial wie vom Bundesamt für politische Bildung in einer sächsischen Schule nicht mehr verwenden,da sie durchgegendert sind.
    Die CDU selbst macht einen Kniefall vor konservativen Wählern und signalisiert,dass sie eine Haltung und weniger einen Rechtschreibfehler abstrafen möchte. Zugeben möchte sie das nicht. Stattdessen versteckt man sich hinter Regeln der Orthographie. Ich empfinde das peinlich.Der Minister hat den Negativpreis zurecht bekommen.