„Die Kinder dürfen in der Krise nicht unter die Räder kommen“

„Die Kinder dürfen in der Krise nicht unter die Räder kommen“

Foto: Ronald Bonss

Ab der kommenden Woche dürfen Kinder die sächsischen Kitas und Grundschulen wieder regelmäßig besuchen. Im Interview hat Kultusminister Christian Piwarz mit dem Wissenschafts- und Bildungsjournalisten Jan-Martin Wiarda über das Recht der Kinder auf Teilhabe und Bildung gesprochen.

Konstante Gruppen, Hygienekonzepte, regelmäßiger Unterricht: Die Öffnung der Kindertagesstätten, Grund- und Förderschulen für die Primarstufe ab 18. Mai stößt bei Eltern, Erzieherinnen und Erziehern sowie Lehrerinnen und Lehrern auch auf Kritik. Kultusminister Christian Piwarz erklärt das wohlüberlegte Konzept dahinter und warum die Bildungsgerechtigkeit gerade für die Jüngeren ausschlaggebend war.

„Seit den Schließungen ist uns allen noch bewusster geworden, wie grundlegend es für die Kinder ist, in die Kita zu gehen oder, nicht weniger wichtig, in den Unterricht. Und alle Praktiker stimmen zu, dass die nach dem ersten Corona-Schock entwickelten Abstandsregeln, wenn man sie konsequent anwendet, dazu führen müssten, dass die meisten Kitakinder und möglicherweise auch Grundschulkinder über einen sehr langen Zeitraum ihre Einrichtung gar nicht oder kaum einmal von innen sehen würden. Wenn ich diese Erkenntnis gegen das Recht der Kinder auf Teilhabe und Bildung abwäge, dann folgt daraus zwingend, dass wir einen anderen Weg gehen müssen“, so Christian Piwarz.

Das komplette Interview gibt es Blog von Jan-Martin Wiarda.

Lynn Winkler, Redakteurin für Social Media in der Pressestelle des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus

12 Kommentare

  1. Peter 4 Jahren vor

    Kinder dürfen nicht unter die Räder kommen. Das unterstütze ich voll und ganz.
    Es muss für alle Beteiligten aber auch die Sicherheit gewährleistet sein. Das vermisse ich beim Experiment Schule in Sachsen.
    Meines Wissens fehlt eine eindeutige Datenlage zur Rolle der Kinder bei der Virus-Ausbreitung derzeit. Gibt es etwa doch Unterschiede zwischen der Infektion von Kindern und Erwachsenen? Warum weisen die täglichen Lageberichte des RKI zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID 19) dann täglich steigende Zahlen in Einrichtungen gemäß §33 IfSG wozu auch Schulen und Kitas auf? Das betrifft betreute/untergebrachte (unter 18 Jahre), aber auch in diesen Einrichtungen tätige Personen. Da findet man auch Hospitalisierte und Verstorbene. Viele der bisherigen Zahlen (deutschlandweit) basieren auf Bedingungen vor und während des Lockdowns. Ein Blick in EU-Partnerländer lässt auch andere Fakten vermuten (z.B. Gymnasium Oise-Frankreich).
    Und ein weltweiter Blick mahnt zur absoluten Vorsicht!!! Auch der Sommer (Wärme) scheint weniger Vorteile zu bringen (siehe Brasilien heute 14.05.2020: 13761 Neuinfektionen, 835 Todesopfer innerhalb 24 Stunden). Singapore (Vorzeigeland in Sachen Corona), Durchschnittstemperaturen seit Wochen weit über 20°C Neuinfektionen heute 752, Vereinigte Arabische Emirate Neuinfektionen 698…
    Ich denke, große Infektionsketten sollten vermieden werden. Bitte prüfen Sie, ob es Abordnungen gibt, die zwischen mehreren Schulen pendeln.

  2. Frohs, Mandy 4 Jahren vor

    Was soll aus den Schülern der Klassen 5 – 8 werden, 1 Tag/Woche Unterricht. Man hat das Gefühl diese Klassenstufen existieren gar nicht bzw. sind nicht wichtig, einfach traurig und absurd. Es wird einfach in einen Satz so nebenbei entschieden, aber es scheitert an der Umsetzung. Welche Perspektive geben Sie, wie sollen die Schüler noch motiviert werden. Sind Tanzschulen, Fitnessstudio wichtiger als Bildung und hat nicht jeder Schüler das gleiche Recht auf Bildung egal ob Grund- oder Oberschule? Wie sollen die nächsten Berufsorientierung/Praktikas durchgeführt werden? Wie sehen dazu die Alternativen aus? Welche weiteren Denkansätze gibt es für diese Schüler? Vielen Dank für ihre Antwort. Freundliche Grüße Mandy Frohs

  3. Maikchen 4 Jahren vor

    Sehr geehrtes Kultusministerium,

    Bildung ist ein hohes Gut für die Gestaltung unserer Zukunft.Die Vermittlung von Wissen und Werten erfolgt Immer noch überwiegend durch Menschen, die dafür ausgebildet wurden.
    Die aus der Ferne gefällte Entscheidung zur kompletten Öffnung von Kitas und Schulen am kommenden Montag zeigt von wenig Verständnis der derzeitigen aktuellen Situation.
    Schulleiter/innen die Entscheidungen zu überlassen, wirkt wie ein Stehlen aus der Verantwortung.
    Für alle Lehrkräfte entsteht eine Erklärungsnot, die vieles in der Zusammenarbeit zwischen Elternhaus und Schule zerstören wird.
    Ein aus meiner Sicht zu hoher Preis, den Kinder, Eltern und Lehrer zahlen müssen, und wofür?

    Mit freundlichen Grüßen
    Mailchen

  4. Katrin Weigel 4 Jahren vor

    Alle Kinder haben ein Recht auf Bildung sowohl im Kindergarten als auch in der Schule.
    Fitnessstudios werden geöffnet, hunderte Leute stehen bei Ikea und den Kindern wird die Bildung verweigert.

  5. Jennifer Salem 4 Jahren vor

    Welche Statistiken zieht denn das Kultusministerium und Prof. Berner dort zu Rate, wenn er meint dass Kinder eine kleine Rolle im Infektionsverlauf spielen? Ist das eine Studie die mit offenen Kitas und Schulen ihre Erkenntnisse gewonnen hat, ist diese Studie überhaupt repräsentativ für Sachsen? Es wurde behauptet, dass Kinder keine Erwachsenen anstecken würden. Wie kommt man zu solchen Behauptungen? Alles was ich in den Medien finde wenn ich Prof. Berner suche ist ein Interview von Prof. Berner und seine Einschätzungen, viel so what aber wenig what. Auf welche Studien beziehen Sie sich, wenn die Berliner Charite auf ganz andere Ergebnisse kommt? Am 28.4. Für MDR Sachsen:
    „Walger und sein Dresdner Kollege Berner beziehen sich auf Erkenntnisse verschiedener Länder, wonach Infektionszahlen nur dann hochschnellten, wenn Übertragungsrisiken ignoriert würden. Wo jedoch Tests und Maskenschutz gewährleistet seien, wären Kita-Öffnungen machbar. Mit Vorsichtsmaßnahmen würde es nicht zu einer explosionsartigen Vermehrung kommen, meint Infektiologe Reinhard Berner in Dresden. 

    Zugleich verweist er auf eine bundesweite Studie, bei der sich keines der mit Corona erfassten Kinder an einem anderen Kind angesteckt habe. Diese Beobachtungen gebe es auch aus anderen Ländern: „Es ist immer ein Erwachsener, bei dem sich ein Kind angesteckt hat und nicht ein Kind einen Erwachsenen.““

    Können Sie mir erklären, wie man von Risikopatienten verlangt Masken Zuhause für 20h am Tag zu tragen, wenn man eine Öffnung mit Maske und Tests haben wollte, nun aber die Schulen 2 Wochen vor den ersten Tests für Lehrer öffnen, und Erzieher in der Kita überhaupt keine bekommen werden, nach heutigem Stand.

    Ebenfalls am 28.4. Wieder Prof. Berner in der SZ:

    „Der Infektiologe Reinhard Berner vom Uniklinikum spricht sich für eine langsame Durchseuchung aus. Dafür hat er einen Vorschlag. Der Dresdner Infektiologe Reinhard Berner sieht kein Problem in einer Öffnung von Kitas und Grundschulen im Zuge von Lockerungen bei den Corona-Schutzmaßnahmen. „Ich persönlich glaube, man sollte es tun“, sagte der Direktor der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Dresden der Deutschen Presse-Agentur. Das gehe mit festen kleinen Gruppen von fünf bis sieben Kindern, wobei die Besetzung relativ konstant bleiben muss. „Das ist das Einzige.“

    Berner glaubt nicht, dass es bei ein paar Vorsichtsmaßnahmen plötzlich zu einer explosionsartigen Vermehrung kommt. „Wir brauchen gerade in der Population der Kinder eine langsam ansteigende Durchseuchung“, sagte er. Im Sommer verbreiteten sich die Viren langsamer, eine gewisse Transmission helfe, einen dann nicht mehr
    beherrschbaren Ausbruch in der sowieso schon problematischen Wintersaison zu vermeiden.
    Berner verweist auf eine bundesweite Studie, im Zuge derer sich keines der mit Corona erfassten Kinder an einem anderen Kind angesteckt hat. Diese Beobachtungen gebe es auch aus anderen Ländern. „Es ist immer ein Erwachsener, bei dem sich ein Kind angesteckt hat und nicht ein Kind einen Erwachsenen.“ Für die unterstellte Analogie
    zur Influenza, dass sich Corona von Kinder ausgehend in die Bevölkerung hineinverbreitet, gebe es keinen Beweis. (dpa)“

    WO FINDET MAN DIESE STUDIE, Wie kann man sich innerhalb eines Tages dermaßen widersprechen, sogar innerhalb eines Artikels sich so widersprechen, auf einer Seite stecken sie sich nicht gegenseigig an, auf der anderen Seite sollen sie sich langsam durchseuchen?

    Eben das zeigt ja auch was er sagt, er PERSÖNLICH denkt… und ob er dieses als Bürger oder als Experte denkt, das bleibt hierbei komplett unbeachtet. Das Kultusministerium sollte offen legen, auf welche Studie sich da bezogen werden will.

  6. Thomas Teuber 4 Jahren vor

    Sehr geehrter Herr Minister,
    vielen Dank für Ihr ausführliches Statement zum Thema.
    Leider kann ich Ihre Sichtweise nicht ansatzweise teilen. Sie betreiben hier ein ‚Experiment‘ auf Kosten von Kindern, Eltern und Erziehern bzw. Lehrkräften. Was nützt Teilhabe unter solchen Bedingungen? Schadet man so nicht eher dem Kindeswohl? Welche Lehr- bzw. Bildungskonzepte kann man so überhaupt noch vermitteln? Welche Schule oder Kita soll all dies nur ansatzweise umsetzen können? Ich wünsche allen Beteiligten starke Nerven, Zuversicht und Gesundheit, sie werden es brauchen.

    Mit freundlichen Grüßen
    Thomas Teuber

  7. Jette Weber 4 Jahren vor

    Sehr geehrter Herr Staatsminister,
    Ich bin entsetzt zu hören, dass nach 2 Wochen Beschulung in getrennten Gruppen die klasse 4 meiner Tochter am Montag wieder zusammengesteckt wird! Und kein Abstand, keine maskenpflicht wird gefordert. Wir haben eine Risikoperson in unserem Haushalt – sollen wir die Tochter von uns isolieren? Wie bekannt ist sind Kinder überträger, Anzeichen der Krankheit treten erst später auf. Wollen Sie, dass in den nächsten 3 Wochen reihenweise Eltern krank sind oder in Quarantäne, weil ein Kind der 26 in der Klasse Anzeichen hat? Oder wie ist das gedacht? Wie kann es sein, dass die Oberschule meines Sohnes nur halbe Klassen und versetzt unterrichtet, da es eine Abstandsregel gibt? Warum diese Unterschiede von Grund- zu Oberschule? Und das in Ihrem Schreiben an die Schulleiter geschrieben wird, dass die Eltern im privaten Umfeld Abstand halten sollen – aber in der Schule darf man den Abstand vernachlässigen? Es kann ja sein, dass Sue die Eltern wieder schnell an den Arbeitsplatz bekommen wollen, aber so? Auf die Kosten der Gesundheit aller? sollte nicht vielmehr geschaut werden, wer die Kinder weiterhin zu Hause betreuen kann und die sollten es auch tun? Für die Eltern, die es nicht können, egal welche berufsgruppe, könnte dann eine Betreuung in Kita oder Schule angeboten werden. Ich kann meine Tochter nicht einmal zu Hause lassen, da laut Ihrem Schreiben ab 18.5. wieder Schulpflicht ist.
    Wurde es wirklich richtig überdacht, so schnell zu starten?

  8. Magdalena Kahle 4 Jahren vor

    Lieber Herr Minister,

    Herr Kretschmer hat vor kurzem gesagt: „Das Virus ist immer noch da, es ist immer noch tödlich.“ Die 1,5m Abstandsregel wurde nicht im Schockzustand entwickelt sondern ist wissenschaftlich fundiert wirksam gegen die Ausbreitung.

    Ein Prinzip von festen Gruppen existiert nur Vormittags in der Grundschule. Falls nur einer der 28 Klassenkameraden symptomlos die anderen im engen Klassenzimmer infiziert zieht sich die Ausbreitung bei allen Familienangehörigen und auf deren Arbeitsplätzen exponentiell fort. Bei mir wäre das dann die Infektionen gleich mehrer Klassen in einer anderen Bildungseinrichtung.

    Recht auf Bildung wird so durch die Schulpflicht zur Pflicht zur Infektionen unserer Kinder.

    Nichts ist schlimm daran alles etwas ruhiger anzugehen.

    Die ersten werden die letzten sein.

    MfG
    Magdalena Kahle

  9. Marieluise 4 Jahren vor

    Ja, Kinder dürfen nicht unter die Räder kommen, aber ältere Lehrer/Innen schon. Ist ja nicht schlimm, wenn ein paar Alte sich infizieren und ev. sterben. Gibt ja sowieso zuviel Rentner…! Warum konnte man nicht dabei bleiben, die Kinder in Gruppen wieder in die Schulen zu lassen(gibt da ja verschiedene Möglichkeiten). Man hätte dann das Personal anders einsetzen können und auf die Risikogruppen Rücksicht nehmen können.

  10. Thoralf Land 4 Jahren vor

    Sehr geehrtes Kultusministerium,
    ich habe das Interview aufmerksam gelesen und Fragen.
    Warum konnte kein Virologe für die Begleitung dieses Vorhabens gewonnen werden? Prof. Berner ist Kinderarzt und Infektiologe, also Spezialist für die Heilung von Infektionskrankheiten, nicht aber für die Einwirkung auf den Verlauf von Virus-Pandemien.
    Woraus schließt Herr Piwarz, dass jemand, der lieber auf die Abi-Prüfungen verzichtet hätte, sich für den Zweittermin entscheiden würde? Er leitet aus 95 Prozent Schülerbeteiligung an den Erstterminen eine entsprechende Zustimmung zu Prüfungen ab, was ich für unseriös halte.
    Bei der Ansteckung von Kindern und Weiterverbreitung von Covid-19 durch diese kommen viele Virologen basierend auf Daten und Studien zu ganz anderen Schlussfolgerungen.
    Mit freundlichen Grüßen
    Thoralf Land