Neues Schuljahr 2016/17: So viele Seiteneinsteiger wie noch nie eingestellt

Neues Schuljahr 2016/17: So viele Seiteneinsteiger wie noch nie eingestellt

Für das neue Schuljahr hat Sachsen insgesamt 45 Prozent Seiteneinsteiger in den Schuldienst eingestellt – so viele wie noch nie. Die meisten an den Grundschulen und Oberschulen. Das verkündete Kultusministerin Kurth heute in der Pressekonferenz zum neuen Schuljahr 2016/17.  Grund ist der Mangel an Bewerbern mit Lehramtsabschluss. Für alle Beteiligten wie Schulaufsicht, Lehrer, Schulleiter und die Seiteneinsteiger selbst ist das eine riesige Herausforderung. Um den Einstieg zu erleichtern und sie für die neue Aufgabe weiter zu qualifizieren, gibt es erstmals sachsenweit abgestimmte Fortbildungsangebote.

Ministerin bittet Lehrer um Unterstützung

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Pressekonferenz mit Kultusministerin Brunhild Kurth zum Start des Schuljahres 2016/17 am 04.08.2016

„Mit ihrer beruflichen Expertise können Seiteneinsteiger eine Bereicherung sein“, betonte die Ministerin während der Pressekonferenz. Dennoch benötigen sie Begleitung und Unterstützung. „Mir ist sehr wohl bewusst, dass der hohe Anteil von Seiteneinsteigern vor allem an den Oberschulen und Grundschulen eine zusätzliche Herausforderung für die Lehrerkollegien bedeutet. Ich würde mich freuen, wenn erfahrene Lehrerinnen und Lehrer den neuen Kolleginnen und Kollegen im schulischen Alltag unter die Arme greifen“, so Brunhild Kurth.

Fortbildungsangebote und Begleitung für Seiteneinsteiger

Zum ersten Mal gibt es im neuen Schuljahr sachsenweit abgestimmte Fortbildungsangebote, die speziell auf die Seiteneinsteiger zugeschnitten worden sind.

So startet in der Vorbereitungswoche eine Einstiegsfortbildung der Sächsischen Bildungsagentur im Umfang von 50 bis 80 Stunden für alle, die am 01. 08. 2016 ihre Tätigkeit im Schuldienst aufgenommen haben. Inhaltliche Schwerpunkte sind dabei Lehrpläne und Unterrichtsplanung, Klassenführung, Lern- und Leistungskultur, Förderschwerpunkte, Rolle des Lehrers, Leistungsbewertung, Elternarbeit, Differenzierung, Beratung, Integration, Unterrichtsmanagement sowie Schulrecht. An diese Einstiegsfortbildung schließen sich auch nach dem ersten Schulhalbjahr weitere berufsbegleitende Weiterbildungen an. Dazu kommen die regulären Fortbildungsangebote für Lehrer, die auch von Seiteneinsteigern genutzt werden können.

Das Kultusministerium bietet ebenfalls ab der Vorbereitungswoche bis zum März 2017 einen zentralen Fortbildungskurs im Umfang von 160 Stunden an. Zielgruppe sind hier Lehrer ohne Lehramtsabschluss, die bereits seit dem letzten Schuljahr unbefristet an einer Oberschule arbeiten. Schwerpunkte sind dabei die Planung und Reflexion von Unterricht, Entwicklungs- und Lernpsychologie unter besonderer Beachtung des Umgangs mit Heterogenität und Altersbesonderheiten, Lernprozesse zur Förderung der Nachhaltigkeit, Grundlagen der Leistungsermittlung- und bewertung, effiziente Klassenführung sowie Schulrecht.

An den Schulen selbst begleiten erfahrene Lehrer die Seiteneinsteiger als Mentoren. Sie werden außerdem aktiv in die fachlichen Fortbildungen an der Schule eingebunden und bei Bedarf durch die Fachberater der Sächsischen Bildungsagentur unterstützt.

Einstiegsfortbildung absolviert. Und danach?

Die Seiteneinsteiger an den Grundschulen können sich nach der Einstiegsfortbildung für ein berufsbegleitendes Studium der Grundschuldidaktik bewerben und dann in zwei Jahren die besonderen Kenntnisse für den Unterricht in den Klassen 1 bis 4 erwerben. Die Qualifizierung kann derzeit an der Universität Leipzig oder der TU Dresden erfolgen. Für alle Teilnehmenden ist das Studium der Grundschuldidaktiken Deutsch, Mathematik und Sachunterricht im Umfang von insgesamt 75 Leistungspunkten verbindlich. Der Anteil der Bildungswissenschaften an der Qualifizierung liegt bei 30 Leistungspunkten und umfasst schwerpunktmäßig die Grundschulpädagogik. Die universitäre Ausbildung erfolgt innerhalb von vier regulären Semestern mit je zwei Studientagen pro Woche. Drei Wochentage sind für die eigene Unterrichtstätigkeit der Seiteneinsteiger vorgesehen.

Die Seiteneinsteiger an den Oberschulen, Förderschulen oder den berufsbildenden Schulen können sich ganz unmittelbar auf der Basis ihrer fachlichen Qualifikation im Rahmen einer schulpraktischen Ausbildung die pädagogischen und didaktischen Kenntnisse für den Fachunterricht aneignen. Für diese Ausbildung ist bereits eine Bewerbung bis zum 01.09.2016 bei der SBA möglich. Wer dies anstrebt, kann ebenfalls ab Februar das, was in der Einstiegsfortbildung begonnen wurde, weiter vertiefen.

Für das kommende Schuljahr 2017/18 wird es weitere Angebote, dann auch berufsbegleitende Studiengänge, geben. Es wird ein langer Weg, für alle Seiteneinsteiger ausreichende Qualifizierungen umzusetzen, nicht zuletzt weil eine Vielfalt von Ausgangsqualifizierungen sowie eine Vielzahl von Interessen mit den Bedürfnissen der Schule zusammengebracht werden müssen und weil Qualifizierungen neben der neuen anspruchsvollen und hochkomplexen Tätigkeit eine besondere Herausforderung sind.

Mehr Informationen zu den Zahlen und zum Stand der Vorbereitungen für das neue Schuljahr gibt es in der heutigen Pressemitteilung zum Start des neuen Schuljahres.

Manja Kelch, Pressereferentin und Redakteurin für Social Media in der Pressestelle des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus

9 Kommentare

  1. am Thema Interessierte 8 Jahren vor

    Liebe Frau Kelch,

    ich denke es bringt nichts, sich an Spitzfindigkeiten des Beamtenrechts abzuarbeiten, denn die Bewerber werden dies sicherlich sehr viel pragmatischer sehen. Wenn Sie in anderen Bundesländern bei Klassenfahrten und Notenvergabe im rechtlich sichereren Beamtenstatus sind, werden sie sich sicherlich auch für diesen entscheiden, wenn dazu auch noch erheblich mehr Nettogehalt fließt. Und wir sollten ja auch nicht vergessen, dass sich das gesellschaftliche Klima in den letzten Jahren geändert hat und auch eher mal bei als ungerecht empfundener Notenvergabe oder Unfällen bei Klassenfahrten geklagt wird. Da sind Angestellte einfach rechtlich nicht so gut abgesichert wie Beamte. Und von der Illusion, dass alle Lehramtsstudenten, die hier ein Studium beginnen, weil eventuell einige Städte im Osten billigeren Wohnraum und kostenfreies Studium anbieten als Städte in anderen Bundesländern alle dann auch in Sachsen im Angestelltenstatus arbeiten werden, sollten Sie sich bitte auch schnell verabschieden. Nicht dass in 5 Jahren der Aufschrei wieder groß ist, man hätte das nicht vorrausgesehen.

    • Autor
      Manja Kelch - SMK 8 Jahren vor

      Sie haben Recht. Deshalb ist eine Verbeamtung von Lehrern für das Kultusministerium auch kein Tabu…

    • an Thema Interessierte 8 Jahren vor

      Liebe Frau Kelch,

      Wahnsinn. Das ist jetzt aber eine neue Entwicklung. Es tut sich was. Immerhin. Wir dürfen gespannt sein.

      Beste Grüße

  2. am Thema Interessierte 8 Jahren vor

    Sehr geehrter Vater,

    ich stimme Ihnen vollkommen zu. Es gibt ein Fachstudium, in welchem man die Vermittlung der Inhalte durch Methodik an die Zielgruppe erwirbt. Neben der allgemeinen Pädagogik gehört dazu die spezielle Fachdidaktik. Aber anscheinend sind doch einige Entscheider der Meinung, dass man dies nicht gelernt haben muss, um an Schulen zu unterrichten, d.h. man muss das Handwerkszeug nicht beherrschen. Ich hoffe, dass diese Einstellung nicht auch noch bei anderen Berufsgruppen um sich greift, dann wursteln wir uns bald nur noch durch.
    Bei der Verbeamtung von Lehrern möchte ich nur ergänzen, dass die meisten Bundesländer dies tun, weil sie eine inhaltliche Notwendigkeit sehen. Jedenfalls lernt man dies im Schulrecht Referendariat, was ja anscheinend in Sachsen auch nicht mehr so wichtig ist. Lehrer erfüllen mit der Zeugnisvergabe hoheitliche Aufgaben im Staatsdienst und da es in Deutschland eine Schulpflicht gibt und Homeschooling verboten ist, muss jeder Bürger seine Kinder an eine Schule – wobei es sich in den meisten Fällen um staatliche Schulen handelt – schicken und diese fremd betreuen lassen. Um damit eine höhere Rechtssicherheit zu erlangen, handelt es sich bei den Lehrern in den meisten Fällen um staatliche Beamte.

    Beste Grüße

    • Vater 8 Jahren vor

      Stimmt, die Zeugnisvergabe habe ich so noch gar nicht bewertet, Sie haben völlig Recht. Mit dieser Bewertung wird der weitere Lebensweg wesentlich geprägt. Das ist eine hoheitliche Aufgabe. Bitter ist, wie gesagt, das Leute den Beamtenstatus ablehnen, die selbst durch diesen (und noch mehr) verwöhnt sind. Auch im SMK selbst tummeln sich sicher viele Beamte voller Genuß und Vorfreude auf die Dinge, die sie den Lehrern verweigern.

    • Autor
      Manja Kelch - SMK 8 Jahren vor

      Ganz so ist es nicht. Die Verbeamtung setzt die Ausübung hoheitlicher Tätigkeit voraus. Das Abschlusszeugnis stellt z. B. eine öffentliche Urkunde dar und ist damit dem öffentlichen Recht zuzuordnen, sprich sie ist Gegenstand hoheitlichen Handelns. Aber es ist strittig, ob der Umfang der hoheitlichen Tätigkeit bei Lehrern eine Verbeamtung zwingend voraussetzt.

    • Vater 8 Jahren vor

      EIn (Abschluß-)zeugnis wird ausgestellt, indem ein arithmetisches Mitetl aus Einzelleistungen gebildet wird. Diese Einzelbewertungen werden durch Lehrer duurchgeführt. Das Zeugnis wird vom Schulleiter unterschrieben, der in aller Regel verbeamtet ist, aber eben auf Grundlage von Einzelbewertungen (die künftig verstärkt von Laien ausgeführt werden). Der Hintergrund einer Verbeamtung liegt doch auch darin, das dies offenbar von jungen Leuten als erstrebenswert und somit als Standortfaktor gesehen wird. Und ganz offenbar existiert ein Wettbewerb um junge Lehrer. Ergo ist es nachteilig, diesen Status nicht zu bieten, ZU LASTEN UND ZUM NACHTEIL UNSERER KINDER. Und besonders bitter ist, das die Leute, die darüber entscheiden, eine fürstliche Pension als Beamter oder Minister oder Politiker beziehen, den jungen Lehrern selbiges aber aus Kostengründen nicht bieten wollen.

  3. Vater 8 Jahren vor

    Wie bitter. Was auf den ersten Blick als Erfolg durchgeht („uns“ ist es gelungen, den Bedarf – halbwegs – zu decken), ist bei näherem Hinsehen ein Offenbahrungseid. Sachsen ist nicht in der Lage, ausreichend AUSGEBILDETES Personal für seine Schüler aufzustellen. Und es ist ein Unterschied zwischen einem Dipl.-Mathematiker, einem Dipl.-Chemiker und einem Mathe- oder Chemielehrer, auch wenn Sie, liebes SMK, diesen Unterschied gern nach unten diskutieren wollen. Ich selbst bin Dipl.-Ing. und verzweifle bisweilen an den Matheaufgaben meiner Teenager. Nicht das ich die Aufgaben nicht lösen könnte – ich verstehe es nicht, den Lösungsweg aufzuzeigen. Ich würde bstimmte Aufgaben bspw.mit einem Gleichungssystem lösen, was in Klasse 6 aber noch nicht gelehrt wurde. Der dort gelehrte Lösungsweg sieht im sepziellen Falle anders aus und ist mir nicht bekannt oder gar verständlich. Und genau das ist, neben der Motivation zum Lernen, die Expertise des Lehrers. Zudem sollte man zum Lehrer geboren (berufen) sein, denn nur ein Teil des Berufes ist die fachliche Vermittlung, Ich denke nur an die Vorlesungen in Studentenzeiten, wo didaktisch unwissende Professoren todlangweilige Vorlesungen gehalten haben. Wir haben dann am Nachmittag den uns präsentierten Lehrinhalt selber erschlossen. Das droht nun unseren Schülern.
    weiter: Ich verstehe das aufgetretene Phänomen des Lehrermangels an weiterführenden Schulen nicht. Schüler in weiterführenden Schulen sind mindestens 10 Jahre alt. Wanderungsbewegungen nationaler und internationaler Art sind gemessen an der Gesamtschülerzahl nicht so hoch, das – bei weitsichtiger Planung und Ergreifung von Maßnahmen – ein derart massiver Mangel auftreten kann. Hier hat doch jemand seine Hausaufgaben nicht gemacht. Kleine Anmerkung: nahezu ALLE Schüler (wenn nicht sogar ein paar mehr), die heute in die erste Klasse gehen, werden in 4 Jahren einen Oberschul-, Gymnasial- oder Förderschulplatz benötigen. Bitte sein Sie da 2020 nicht (wieder) überrascht.Das sind nur knapp 1500 Tage ! Und nahezu alle Lehrer, die 4 Jahre vor der Rente stehen, werden in 4 Jahren in die Rente gehen. Auuch da bitte sollten Sie Realitätssinn aufbringen. Das es so ein großer Schwung auf einmal ist, das haben Politik und Gewerkschaften wissentlich herbeigeführt, indem keine jungen Kollegen eingestellt wurden.
    Herr Kupfer (CDU) sieht die Verbeamtung von Lehrern als nicht erforderlich. Ich inhaltlich gesehen auch nicht, aber wenn es die einzige Form ist, Leute nach Sachsen zu locken und bestehende Kräfte zu halten, dann muss es wohl sein. Zumal Kupfer und Kollegen allesamt mehr als vergleichbare Beamtenvorzüge genießen.

    • Autor
      Manja Kelch - SMK 8 Jahren vor

      Natürlich wünschen wir uns, dass alle Seiteneinsteiger sich fortbilden und ein berufsbegleitendes Studium beginnen. Deshalb gibt es dafür umfangreiche Angebote wie im Blogbeitrag beschrieben. Momentan können wir an der Situation jedoch nichts ändern, dass sich zu wenig ausgebildete Lehrer und Lehrerinnen beworben haben bzw. es auf dem Arbeitsmarkt zu wenige Lehrer gibt. Die Weichen für mehr Lehramtsabsolventen sind gestellt, doch es wird dauern, bis diese mit dem Studium fertig sind.