Kultusministerium setzt Maßnahmen zur Stärkung der politischen Bildung um

Kultusministerium setzt Maßnahmen zur Stärkung der politischen Bildung um

Mit dem Ziel, die politische Bildung und Demokratieerziehung an Sachsens Schulen zu stärken, hatte Kultusministerin Brunhild Kurth im Januar 2017 ein Expertengremium berufen. Das Handlungskonzept des Gremiums „W wie Werte“ liegt nun auf dem Tisch. 31 Empfehlungen machen die Experten. Ein Großteil soll nach Entscheidung von Kultusministerin Brunhild Kurth nun zeitnah umgesetzt werden.

Anstoß zum Handlungskonzept zur demokratischen Schulentwicklung und politischen Bildung gab nicht zuletzt die Veröffentlichung des „Sachsen-Monitors“ im November 2016 und das daraufhin von der Sächsischen Staatsregierung beschlossene „Maßnahme-Paket für ein starkes Sachsen“. In Anbetracht der beunruhigenden Ergebnisse des „Sachsen-Monitor“, sollten sich die Experten keine Denkverbote bei der Erstellung eines Handlungskonzeptes auferlegen, so Kultusministerin Brunhild Kurth. Am Ende eines mehrmonatigen Prozesses steht das Konzept „W wie Werte“ mit 31 Handlungsempfehlungen. Fachleute des Kultusministeriums, der Sächsischen Bildungsagentur, der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung und des Sächsischen Bildungsinstitutes prüften die Vorschläge.

Ich begrüße einen großen Teil der Vorschläge des Expertengremiums ausdrücklich. Die Empfehlungen sind sehr gut geeignet, die Demokratiebildung an unseren Schulen zu stärken. Wir werden viele der Maßnahmen zeitnah umsetzen.

Kultusministerin Brunhild Kurth

Themenportal wird eingerichtet

So sollen die Schüler mehr Mitwirkungsrechte bei zentralen schulischen Entscheidungen und Verhaltensregeln erhalten. Auch die Vermittlung von Inhalten durch Gleichaltrige, also Mitschüler, soll stärkere Bedeutung in der Schule erfahren. Für diese Peer Education werden die Schüler u. a. durch die Regionalstelle der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung ausgebildet.

Neu ins Leben gerufen wird ein Themenportal für Angebote, Projekte, Materialien, Institutionen und Stiftungen, das den Schulen helfen soll, die richtigen Experten, Zeitzeugen und außerschulische Lernorte für ihren Bedarf zu finden. Außerschulische Lernorte könnten ergänzend lehrplanspezifische Angebote entwickeln.

Daneben empfiehlt das Expertengremium die Entwicklung neuer und den Ausbau zahlreicher bestehender Projekte und Angebote zur Förderung der politischen Bildung und Demokratieerziehung beziehungsweise deren Ausweitung auf schulische Strukturen. Zu nennen sind hier exemplarisch

  • das Angebot „Schule im Dialog“ der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung,
  • die Jugendsolidaritätsaktion „genialsozial – Deine Arbeit gegen Armut“ und
  • Schulbesuche in parlamentarischen Institutionen.

Ob die Potentiale außerschulischer Experten und Lernorte bereits bestehender Förderprogramme für Schulen nutzbar sind, soll zeitnah von den verantwortlichen Ressorts geprüft und gegebenenfalls weiterentwickelt werden.

Größere Unterstützung sollen internationale Schulpartnerschaften erfahren, die neben dem Lernen von Fremdsprachen auch internationale Perspektiven sowie soziale und persönliche Kompetenzen fördern. Geisteswissenschaftliche Schüler- und Jugendwettbewerbe werden ebenso eine stärkere Betonung erhalten, da sie in besonderem Maße anregen, sich intensiv und differenziert mit Werten und gesellschaftlichen Leitbildern auseinanderzusetzen.

Aufgegriffen wird auch der Vorschlag, die Ergebnisse aus dem Modellprojekt „Starke Lehrer – starke Schüler“ möglichst flächendeckend an allen berufsbildenden Schulen einzusetzen. Das Projekt wendet sich gegen Rechtsextremismus.

Keine politische Bildung ohne Medienbildung denkbar

Im Abgleich mit dem Papier „Strategie zur Medienbildung und Digitalisierung in der Schule“ wird es eine themenspezifische Medienoffensive geben, bei der ein Netzwerk verschiedener Akteure schulische Angebote bereithält. So wird zum Beispiel mit dem Verein „Aktion Zivilcourage“ ein mediales Workshopformat für sächsische Schulen entwickelt. Auch Lehrkräften soll diese Thematik zielgruppengerecht angeboten werden.

Fortbildungen für Lehrkräfte

Der Unterricht aller Schularten und Fächer muss geprägt sein durch demokratieförderliche Lernarrangements mit starkem Aktualitätsbezug, empfiehlt das Expertengremium. Als Hilfestellung bei der Umsetzung wird nun eine Veranstaltungsreihe zur Lehrerfortbildung entwickelt.

Weitere Vorschläge des Handlungskonzeptes fokussieren die Weiterentwicklung der Schulprogrammarbeit und existenter Schulnetzwerke hinsichtlich der Demokratieerziehung. Auch im Bereich der Ganztagsangebote soll verstärkt auf die Möglichkeiten der Demokratieerziehung hingewiesen werden.

Sowohl für angehende Lehrer als auch Seiteneinsteiger und Schulsozialarbeiter wird ein obligatorisches Modul „Demokratische Schulkultur“ in die Ausbildung integriert. Daneben werden alle Lehrkräfte fachunabhängig in Fortbildungen zu Ansätzen der Demokratieentwicklung in den Lehrplänen und deren Umsetzung geschult. Die Schwerpunkte „Werteorientierung“ und „Politische Bildung“ als Entwicklungsschwerpunkte werden in den Fachentwicklungsberichten verankert.

10 Empfehlungen werden (noch) nicht umgesetzt

Zu sechs Empfehlungen des Expertengremiums konnten noch keine endgültigen Entscheidungen getroffen werden. Dazu gehört unter anderen die Einführung der Gemeinschaftskunde ab Klassenstufe 7. Kultusministerin Brunhild Kurth sagte eine ernsthafte Prüfung des Vorschlags im Rahmen der ohnehin geplanten Prüfung der Lehrpläne zu. Diskutiert wird daneben die Bildung eines Beirates für die kontinuierliche Qualitätsentwicklung.

Noch nicht entschieden wurde zudem über eine Abminderungsstunde für Vertrauenslehrer und eine Fortbildungsverpflichtung im Modul „Demokratische Schulkultur“ für Schulleiter, Lehrer mit Führungsinteresse sowie Schulreferenten und Fachleiter. Bis zum Jahresende sollen diese Empfehlungen weiterentwickelt und neu bewertet werden.

Einige Empfehlungen, wie zum Beispiel die Einführung eine Klassenleiterstunde, können zum jetzigen Zeitpunkt jedoch nicht umgesetzt werden, machte die Kultusministerin deutlich. „So verständlich der Wunsch nach einer Klassenleiterstunde auch ist, diese Maßnahme würde auf Kosten der Unterrichtsversorgung gehen. Das können wir uns in der jetzigen Situation nicht leisten“.

Auch eine neue Förderrichtlinie für demokratische Schulentwicklung sowie neue Regelungen zur räumlichen und sächlichen Ausstattung für Eltern- und Schülervertreter durch die Schulträger werden vorerst nicht aufgegriffen. Daneben werden Schulleiter keine dialogisch angelegten Entwicklungsprozesse über das ohnehin bestehende Maß initiieren müssen. Diese Vorschläge werden jedoch nicht gänzlich abgelehnt, sondern lediglich zurückgestellt.

Weitere Lesehinweise zum Thema politische Bildung:

Bianca Schulz, Redakteurin für Social Media in der Pressestelle des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus

5 Kommentare

  1. Demokratin 6 Jahren vor

    Sie fordern/wünschen/wollen Demokratieerziehung, lehnen eine Klassenleiterstunde aber mit dem Verweis auf die Unterrichtsversorgung ab. Andererseits wird unten auf Ihrer Seite der Artikel zum Interview mit Prof. Dr. Hans Vorländer verlinkt (https://www.bildung.sachsen.de/blog/index.php/2017/02/09/interview-mit-prof-dr-hans-vorlaender-vereine-sind-erziehungsanstalten-der-demokratie/), in dem es auch heißt : „Schule muss ein Ort gelebter Demokratie sein. Demokratieerziehung darf sich nicht nur auf ein Unterrichtsfach beschränken.“ Dies wird durch viele treffende Ausführungen ergänzt. Schule sollte sich nicht nur auf Unterricht – und schon gar nicht auf die ständig als hochheiliggepriesenen MINT-Fächer – reduzieren (verstehen Sie mich nicht falsch – ich hatte selber naturwissenschaftliche Leistungskurse in meinem Einser-Abitur,, will sie also nicht verteufeln, sehe sie aber auch nicht als allein seeligmachend), in dem den Kindern/Jugendlichen Stoff eingetrichtert wird. Nicht ganz zu Unrecht beklagen viele hierzulande die Förderung von „Lernbulimie“ – Stoff reinpressen in den Kopf, zur Klausur dann schwallartig von sich geben und die Sache ist gelaufen – und vergessen! Wo bleibt die Zeit für gute humanistische Allgemeinbildung (https://de.wikipedia.org/wiki/Allgemeinbildung) und gelebte Demokratie? Es könnte so vieles so viel einfacher sein und zu einem menschlichen Miteinander beitragen – und damit auch wieder zu anderen Wahlergebnissen -, wenn da tatsächlich mal ein Umdenken stattfinden würde.
    Ich kenne die Situation der mangelnden Lehrerversorgung sehr gut aus eigener Erfahrung, aber wenn Sie befürchten, die Klassenleiterstunde ginge zu Lasten der Unterrichtsversorgung, dann benennen Sie sie doch einfach um, z. B. in das Fach „Gelebte Demokratie“ (mit einem sehr offenen Rahmenlehrplan) oder so! 😉

  2. B. 6 Jahren vor

    Zwei Fragen nur:

    Unter welcher Regierungspartei und in welchem Ministerium wurde doch gleich der Beschluss gefasst, dass in der Berufsausbildung (zumindest in einigen Berufen) die „Gemeinschaftskunde“ nicht mehr ab dem 1. Ausbildungsjahr unterrichtet werden soll? Früher hatten wir „GK“ bereits von Anfang an. Was übrigens auch schlau war, da Themen bereits zu Beginn des 2. Lehrjahres in der Zwischenprüfung relevant sind.

    Darf man nach der nächsten Wahl erwarten, dass zukünftig auch Demokratie-Erfahrungen für Lehrer vermittelt werden sollen? Wenn ich nachdenke, wie oft ich in den aktuellen VWV & Verordnungen des SMK lesen musste, dass bestimmte Entscheidungen allein vom Schulleiter getroffen werden sollen, könnte ich … ins Grübeln kommen, wie ernst die Erkenntnis nach mehr Demokratie gemeint ist!

  3. In Ihrem Text heißt es, „Regelungen zur räumlichen und sächlichen Ausstattung für Eltern- und Schülervertreter durch die Schulträger werden vorerst nicht aufgegriffen“. Ist das überhaupt ein Thema für das SMK? Schulträger sind doch die Städte und Gemeinden bzw. Vereine oder?

    • Autor
      Bianca Schulz - SMK 6 Jahren vor

      Sehr geehrte Vertreter des Stadtelternrates Limbach-Oberfrohna,
      vielen Dank für die Nachfrage. Ja, die sächliche und räumliche Ausstattung der Schüler- und Elternvertretungen ist grundsätzlich Sache des Schulträgers.
      Für das Kultusministerium als oberste Schulaufsichtsbehörde besteht im Rahmen der Rechtsaufsicht über die Schulträger (nur) die Möglichkeit, bei Missständen auf deren Beseitigung durch den Schulträger hinzuwirken. Deshalb wird diese Handlungsempfehlung nicht umgesetzt.

      Viele Grüße
      Bianca Schulz

  4. TKluttig 6 Jahren vor

    Historisch-Politische Bildung in Sachsen? Gerade im Beitrittsgebiet können die schriftlichen Zeugnisse in Archiven dazu beitragen, einen genaueren, differenzierten Blick auf die Vergangenheit zu ermöglichen: Archive als außerschulische Lernorte.
    Aber auch da liegt vieles im Argen: Zur Situationsbeschreibung anlässlich des Sächsischen Archivtags in Dresden im Mai 2017: http://saechsischer-archivtag.vda-blog.de/2017/05/28/umfrage-zur-situation-der-archive-in-sachsen-archivpaedagogik/