Dialogforum in Torgau: Lehrer braucht das Land

Dialogforum in Torgau: Lehrer braucht das Land

Zwei Drittel des Dialog-Marathons sind nun mit dem gestrigen Dialogforum in Torgau bereits vorbei. Rund 87 Interessierte kamen in das  Johann-Walter-Gymnasium, um mit Kultusministerin Brunhild Kurth und sechs Fachexperten aus dem Ministerium über den Entwurf des neuen Schulgesetzes zu diskutieren. Schuldirektor Peter Nowack ließ keinen Zweifel daran, dass es der richtige Ort sei. Bildergalerie

Inklusion interessiert am brennendsten

 

Bürgerdialog Torgau 1

Foto: Nicole Herzog

Das Thema Inklusion interessierte wieder am brennendsten, so dass der Tisch von Moderator Holger Thomas – von Beruf her Pfarrer und Religionslehrer – mit 24 Frauen und 13 Männern sehr groß geriet, die Quintessenz: Inklusion ja, aber nicht um den Preis des Unterganges – der Weg zurück, also vom Versuch der betreuten Eingliederung in die Regelschule zurück zur Förderschule, müsse gut verzahnt möglich bleiben.
Daneben, im schallgedämmten Musiksaal, wartete nicht nur der Stammbaum der Rockgeschichte als Lernmittel, sondern mit dem Schulausstattung ein nächstes heikles Thema. Moderator Ralf Krüger hatte hier eine sehr konstruktive 15-köpfige Runde, darunter auch zwei Schüler- und zwei Elternvertreter, aber auch Torgauer Politprominenz: Landrat Kai Emanuel saß gleich neben Oberbürgermeisterin Romina Barth. Auch deren Vorgängerin, Andrea Staude, nun designierte Beigeordnete in Borna, mischte sich oft ein – forderte zum Beispiel einen Mindeststandard an Ausstattung für jede Schulart – und eine feste Investitionsquote für Freistaat und Schulträger.

Bürgerdialog Torgau 2

Foto: Nicole Herzog

Nachdenken über Beamtenstatus

Der Landrat ging noch weiter: Der Freistaat müsse aktiv etwas tun, um  Lehrer aufs Land zu bekommen – und forderte angesichts des gegenüberliegenden Brandenburgs ernsthaftes Nachdenken über den  Beamtenstatus. Ministerin Kurth, wie immer sehr offen, aber auch diplomatisch, antwortete, dass dieses Nachdenken auch in Dresden längst kein Tabu mehr sei. Stimmungsvoll, aber konstruktiv, ging es diesmal in der Runde „Schulen im ländlichen Raum“ mit drei Frauen und zwölf Männern zu: Auch hier konkrete Forderungen: Früher, in den Neunzigern, habe man – je nach Kassenlage – jährlich über den maximalen Klassenteiler gestritten. Nun sei dieser bei 28, aber eigentlich sei 26 das leistbare Maximum. Mit Vehemenz wurde auch auf die Wiedereinführung der Klassenleiterstunde gedrungen.

Je sechs Tische samt Experten für Dresden und Leipzig

In der Runde „Eigenverantwortung“ mit 20 Leuten gab es großes Lob für die Option der Schulgirokonten – einen Fortschritt, den ein Schulleiter anhand seines derzeitigen Dilemmas illustrierte: Er verwalte für Klassenfahrten und Schulfeiern privat ein eigenes Konto. Zur Zeit sei eine große Abschlussfahrt mit rund einhundert Schülern geplant, da lägen dort 25 000 Euro – mit persönlichem Risiko. Auch das  Konto des Fördervereins sei aufgrund dessen Gemeinnützigkeit keine Alternative – zum Beispiel bei Schulfeiern.

Bei der Zusammenfassung aller Ergebnisse gab es erst Tischklopfen, dann Beifall für die Gastgeberin: Brunhild Kurth nahm Optimismus aus Torgau mit: Das Glas sei halbvoll und mit dem „Rückhalt der kommunalen Familie“ gehe sie mit starkem Rückenwind in die kommenden Kabinettsverhandlungen.

Nun stehen noch drei Etappen für die Bürgerdialoge in den sächsischen Metropolen aus:

am 25. Februar Dresden (18 Uhr, Gymnasium Bürgerwiese), am 29. Februar Leipzig (18 Uhr, Anton-Philipp-Reclam-Schule /Gymnasium) und am 1. März Chemnitz (18 Uhr, BSZ Wirtschaft 1).

Große Nachfrage: In Dresden und Leipzig je eine weitere Runde

Die Veranstaltungen sind dank der regen Voranmeldung eigentlich allesamt ausgebucht, denn das Dialogformat funktioniert am besten mit mehreren Gruppen und maximal 100 Teilnehmern, die sich bei der eigentlichen Fachdiskussion möglichst gleichmäßig an die Thementische verteilen. Damit niemand ausgeschlossen werden muss, haben sich die Veranstalter nun entschlossen, in Dresden und Leipzig je eine weitere Runde zu den gefragtesten Themengebeten, „Inklusion“ und „Eigenverantwortung von Schule“, anzubieten, damit auch wirklich Gespräche und Austausch ermöglicht werden und die Hinweise von Schülern, Eltern, Lehrern, Schulleitern und auch den Verantwortlichen der jeweiligen Schulträger aktiv ins Gesetzgebungsverfahren einfließen können. Es warten also jeweils sechs Tische, sechs Moderatoren und sechs Fachexperten aus dem Ministerium – plus eine sich wechselseitig einklinkende Ministerin. In Chemnitz wird es aufgrund der Anmeldezahlen einen zusätzlichen Tisch zum Thema „Inklusion“ geben.

Ansonsten steht der Weg zur Onlineteilnahme noch bis 7. März jedem offen – auch allen Teilnehmern im Nachgang.

Über den Autor: Andreas Herrmann arbeitet als freier Journalist mit dem Schwerpunkt Kultur- und Landespolitik.

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